Aus mir völlig unerklärlichen Gründen ergibt sich ein fauler Sonntag auf dem Sofa. Ich muss nix. Der Liebste kocht, danach fährt er mit den anwesenden Kindern eine Runde Fahrrad, den Hund nehmen sie auch mit. Ich gucke irgendwas, lese irgendwas, alles ohne Anspruch. Sehr erholsam. Ein paar Dinge denken sich auf einmal von selber. Wenn in diesem Winter wieder die alten Regeln gelten… was habe ich denn wirklich vermisst? Wenig.
Ein paar Menschen sind mir irgendwie durch die Lappen gegangen, da gab es keine Besuchs- oder Glückwuschroutine, man ist sich einfach hin und wieder begegnet. Ich könnte mal ganz old school eine Geburtstagskarte schicken, und fange an, mich nach der aktuellen Adresse zu erkundigen. Das passe aber gut, sagt die Angeschriebene, da habe sie sich sowieso mal wieder melden wollen. Wenige Tage später sitzen wir zu viert an einer herbstlich dekorierten Kaffeetafeln und wundern uns. Jahre haben wir uns nicht gesehen und jetzt einfach so? Schön ist das. Muss man ja garnicht immer jemanden beerdigen, dafür.
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Der Liebste hat sich eingelesen. Die Apfelbäume, von denen wir seit 10 Jahren ernten, die müssten mal geschnitten werden. Er könnte das und bietet es der Stadt an, sind ja öffentliche Bäume. Man freut sich, will aber erstmal gucken, wer da kommt. Morgens um acht verschwindet der Liebste. Die Mittagspause verbringt die Stadt-Gärtnerin an unserem Esstisch. Sie hatte ein bisschen Angst, dass da jemand mit ner Kettensäge auftaucht, sagt sie. Aber, der Name kam ihr bekannt vor. Der Liebste hat das gut gemacht, er darf die Bäume gern schneiden. Ist immer schön, wenn die Leute sich einbringen, viele nörgeln leider nur. Mit dem Willem, da hat sie oft tagelang Bäume geschnitten im Park…die Königin hat gesagt, wie es gemacht werden soll und er musste es überwachen… ein Grinsen… aber mit dem konnte man arbeiten. Einen kurzen Moment sitzt der Schwiegervatter mit am Tisch. „Dem Willem seiner“ zu sein ist immernoch was wert, in Handwerker-Kreisen.
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Ein Besuch im Staatstheater, nur die Mädels und ich. Peter und der Wolf für Menschen ab 4 Jahren. Wir haben ein bisschen Wartezeit und gucken Leute. Es sind sehr viele kleine Menschen da. Genaugenommen sind meine Kinder die ältesten, stellen wir fest. Die großen Menschen sind entweder auffallend schick oder auffallend Öko.
Das Stück war nicht ganz so, wie gedacht, aber gut, sagen die Mädels auf der Rückfahrt. Die vielen kleinen Kinder waren ein bisschen zu laut, da kann ja keiner was für. Vielleicht suchen wir das nächste mal was für Große aus. Theater war deutlich günstiger als Kino, wobei, die zwei Stunden Autofahrt eingerechnet dann doch nicht.
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Der Fachlehrer, der die Abschlussarbeit des Maikinds betreut, bestellt ihn zur Besprechung ein und schickt ihn direkt wieder weg. Kann alles so bleiben wie es ist, Folien machen, fertig. Juhu. Wir hatten garnicht so Lust auf die Nacharbeiten und sind stolz. Ja. Wir.
Funfact zum Thema „die Hausarbeit wird nicht gesondert bewertet“. Es hat sich tatsächlich jemand getraut, nichts abzugeben. Alle wissen, dass der zu seinem Thema jederzeit einen 10 minütigen Vortrag halten kann, bei Bedarf länger. Zahlen, Daten, Fakten alles im Kopf. Er hat erst eine 6 bekommen, dann eine Fristverlängerung. Man fragt sich verschiedenes.
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„Das hat er nur auf der Sachebene verstanden. Du musst dein Anliegen konkret formulieren“, sagt Märzkind zu mir und beißt von ihrem Brot ab. Wir sind alle lebende Beispiele für die angehende Sozialarbeiterin. Aber mir ist tatsächlich gerade selber klar geworden, dass die Frage „Hast du schon mit deiner Mutter über Weihnachten gesprochen?“, zu keinem Ergebnis führen wird. Ich formuliere also neu. „Bitte erkundige dich bei deiner Mutter nach ihren Weihnachtsplänen, damit wir uns richten können. Es gibt Terminanfragen“ „Aaaahhh sooo“ sagt der Liebste. Zwei Tage später erhalte ich die Info: erster Weihnachtstag. Mein Fehler. Die korrekte Formulierung wäre gewesen: Bitte erkundige dich bei deiner Mutter wann sie wo wie Weihnachten feiern möchte, und ob wir etwas mitbringen sollen.
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Die Oma aus dem Städtchen kommt vorbei. Das ist ungewöhnlich. Sie hat gute Nachrichten. Diese seit neun Jahre andauernde Nerv-Sache ist zu einem guten Ende gekommen. Die hatten wohl gehofft, dass sie vorher stirbt, ist sie aber nicht, deshalb bekommt sie jetzt endlich Geld ausgezahlt. Davon will sie uns einladen, alle, zum Essen, am zweiten Feiertag. Das freut mich, wirklich, es liest sich auch ganz toll, was da auf dem Restaurantzettel steht, aber, wir hatten uns fest vorgenommen nie wieder an Weihnachten essen zu gehen. Vielleicht geht da noch was? Die Oma hat ja zwei Wochen später Geburtstag. Ich wage den Versuch. „Nee, ist ja nicht an Weihnachen“, sagt sie fröhlich „ist doch der zweite Feiertag. Ihr kommt zu sechst.“ Ähm. Kurzer Blick zum Liebsten, der grinst und zuckt unauffällig mit der Schulter. Tja dann- kommen wir gern. Aber für das Pluseinkind kann ich nicht garantieren. „Sechs Leute sind gemeldet“, sagt die Oma.
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Laut der Beschilderung können und kosten diese Drucker alle ungefähr das Gleiche, wahrscheinlich ist es egal. Nach einer viertel Stunde auf und ab laufen vor dem Regal entscheide ich mich für irgendeinen, suche die passenden Patronen und stelle mich an der Kasse an. Vor mir warten schon zwei Kunden. Alle gucken suchend in den Elektromarkt, dann schauen wir uns gegenseitig fragend an. Ist überhaupt Personal hier? Man weiß es nicht. Fünf Minuten später taucht jemand auf. Das war knapp. Ich hatte gerade entschieden, diesen Karton hier stehen zu lassen und mir einen im Internet zu bestellen.
Im Klamottenladen hätte ich nur eine Kleinigkeit zu bezahlen. Die Dame an der Kasse ist völlig überfordert, man sieht es eigentlich schon von Weitem. Nach fünf Minuten im Wartebereich hänge ich das Teil zurück. Man möchte keine Umstände machen.
Mehr Zeit einplanen und mehr Nerven, nehme ich mir vor. Mal gerade nebenbei geht garnichts, diesen Advent.
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Maikind: „Wieso eigentlich schon Weihnachtsmarkt? Ist das nicht immer kurz vor Advent?“
Ich: „Nächste Woche ist Advent.“
Maikind: „Oh“
Auf dem örtlichen Weihnachtsmarkt werden die Portionsgrößen ausgewogen, dieses Jahr, es gibt keine Feuertonne und keinen Heizpilz – was aber auch daran liegen könnte, das es letzte Woche noch fast zwanzig Grad wärmer war. Man steht so mit Leuten, im Winter. Das ist auch mal wieder ganz nett.