Die Oma hat Gäste, wir sitzen im Garten und unterhalten uns. Der Liebste hat gerade einen Schwarm Bienen wieder eingefangen. Als die losgeflogen sind, das war schon beeindruckend, sagt die Festgesellschaft, sowas sieht man nicht oft. Sowas gibt es auch Ende Juli nicht oft, es ist ein seltsames Bienenjahr.
Märzkind will mal bei der Uroma gucken, die ist im Haus geblieben. Es geht ihr nicht gut. Im Fernsehen laufen Bilder der Flutkatastrophe, den ganzen Tag. Die Zerstörung ist wirklich unvorstellbar – für uns. Käthe ist 101. Sie kann sich das durchaus vorstellen und ist entsprechend unruhig. Nach einer halben Stunde kommt das Märzkind wieder. Die Uroma habe heute vormittag jemanden in Wuppertal erreicht, der die Auskunft geben konnte, dass bei ihren Bekannten alles OK ist. Das ist eine Erleichterung. Ein ganz kleines Stück Kuchen habe sie gegessen, damit sie ihre Ruhe hat. Das ist gut.
Bei der Hunderunde begegnet uns ein örtlicher Katastrophenschützer. Er erzählt, wie der Bach, der letzte Woche doch eher ein Fluss war in der Nacht vorher ausgesehen hat. Wir waren ja am späten vormittag noch beeindruckt von der Wassermenge, da war das allermeiste aber wohl schon durch. Man habe sich im Lauf der Woche unterhalten, mit allen Wehrführern der Ortsteile, erfahren wir. Wenn man sich mal kurz vorstellt, dass der Bach zwei Ortsteile weiter von jetzt auf gleich 8 Meter höher wäre, dann, tja… es würde die Anfahrtmöglichkeiten für einige Häuser verändern.
Das Julikind wird elf. Wir grillen im Garten, mit Leuten. Es ist eigentlich eine normale Geburtstagsfeier, das ist schön. Abends bittet sie mich, noch ein Foto zu machen. Dafür hat sie alle Geschenke auf dem Bett aufgebaut und setzt sich mit dem fröhlichsten Geburtstagsgrinsen daneben. Was für ein Tag! Und so viele schöne Sachen. Wenn sie jetzt noch mit ihren Freundinnen feiern dürfte, dann wäre es perfekt gelaufen, dieses Jahr. Die Chancen stehen eigentlich ganz gut, gerade. Noch.
Das Gute an dem vielen Regen ist, wir müssen gar nicht weit fahren, der See beginnt dieses Jahr schon 10 km weiter. Im letzten Jahr war da um diese Zeit schon längst kein Wasser mehr. Am frühen Abend ist die Liegewiese so gut wie leer. Einen Strand gibt es hier nicht. Man geht von der Wiese drei Schritte durch die Hecke, dann nochmal drei Schritte ins Wasser rein, da kann man schon losschwimmen. Hier stört es niemanden, wenn der Hund auch schwimmt. Der Liebste wirft ein Spielzeug, voller Freude springt der Hund ins Wasser, holt sein Spielzeug und schwimmt uns entgegen, ziemlich weit, und ziemlich schnell. Ähm, jo, damit hatte niemand gerechnet, aber alle haben Spaß. Und die Erkenntnis, dass Hunde anders schwimmen, als Menschen. Jeder von uns hat irgendwo einen Kratzer abbekommen, was solls, sagen die Kinder.
Ich bekomme die zweite Impfung. Anderthalb Tage habe ich irgendwie schwere Knochen, und freue mich trotzdem. Der Liebste kommt sich „dezent verarscht“ vor, als Angehöriger der Priogruppe drei, weil ich jetzt zwei Wochen vor ihm fertig geimpft bin. Luxusprobleme, die man so hat. Nachdem wochenlang garnichts voran ging, in Sachen impfen, sind jetzt fast alle durch. Weihnachten kann kommen.
Wir fahren für eine Hunde-Runde in den Nachbarort. Beim Aussteigen fällt mir auf, dass die Telefonleitung sich heftig bewegt, zwischen den Masten. Oh oh. Kein Sturm, kein Erdbeben, da gibt es eigentlich nur noch eine Erklärung. 200 Meter weiter kommt uns ein LKW entgegen, der hat gerade irgendwelche Düngemitttel abgeladen, auf dem Feld, neben der Telefonleitung. Zu dicht neben der Telefonleitung. Ein Teil des Kabels liegt rechts im Graben, der andere links auf dem Feld.
Yeah! Für die Fans von „Lockdown mit Teenagern“ und „schulfrei von Dezember bis Mai“ jetzt neu: „Sommerferien bei regnerischen 15°C ohne Internet“. Wir nehmen direkt die extended version „ohne Mobilfunkempfang im Wohngebäude“, wenn schon, denn schon.
Am Ende dieses Tages sitze ich im Garten. Auf der Treppe, die man von keinem Fenster aus sehen kann, im Dunkeln. In der Hand ein Glas, darin ein großer Schluck vom besten Weihnachts-Whiskey. 20 Minuten allein sein. Herrlich. Die Ruhe ist so erholsam, dass ich mir, als das Glas leer ist, eingestehe, dass ich dem Zusammenbruch sehr viel näher bin, als irgendeiner Form von Erholung.
Die Freude, als das Internet am Nachmittag des nächsten Tages zu uns zurückkommt ist riesig. Auf einen Schlag ändert sich die Grundstimmung. Spielen, Videos, Musik, telefonieren, man könnte sogar wieder Fernseh gucken, so viele Möglichkeiten. Maikind sagt, er habe da jetzt nochmal drüber nachgedacht und, eigentlich ist es doch in manchen Situationen vielleicht praktische kein smart home zu haben. Da hat er wohl recht.
Vier Geburtstage und ein Gemeindefest in 10 Tagen, waren das. Nächste Woche haben wir garnichts vor. Das ist auch mal wieder schön.