Um viertel vor sieben ziehe ich den Rollladen hoch. Der Hund hebt verschlafen den Kopf, bleibt aber liegen. In der ersten Woche nach der Zeitumstellung machen wir einfach alles eine Stunde später, außer aufstehen.
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Das Märzkind braucht ein Hilfe, beim Haare waschen. „Welches Shampoo benutzt du denn immer?“, suchend schaue ich mich um. „Das weiße vom Papa“. Ah, das erklärt einiges. Der Liebste bunkert im Gästeklo einen Vorrat dieses Shampoos, der bei seiner Haarlänge für Jahre reichen müsste. Ich hatte mich schon gewundert. „Das riecht aber wirklich angenehm“. Das Märzkind nickt. Niemand riecht gern nach Obst oder Blumen auf dem Kopf, aber ein „macht Haare sauber“- Shampoo gibt es nicht für Mädels.
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Auf dem Weg zur Wäschespinne kommt mir der Liebste aus dem Garten entgegen.
Ich: „Es ist ja noch richtig schön, wir könnten draußen Abendbrot essen.“
Der Liebste, im Vorbeigehen: „Das ist aber eine gute Idee, da fahre ich gleich mal Würstchen holen. Pluseins, der Grill steht da unter dem Dach, Kohle ist im Schuppen“, er verschwindet einen kurzen Moment, taucht wieder auf, wirft sich die Motorradjacke über, „ah, nee, warte mal noch 10 Minuten, ist ja schon halb sieben und es war den ganzen Tag schönes Wetter, könnte sein, der Wurstomat ist schon leer, dann muss ich gerade bis ins Städtchen, Anzünder steht im Regal, das Märzkind weiß wo“, er winkt in meine Richtung und ist weg.
Märzkind „Hä? Grillen wir?“
Ich: „Ich hatte nur gesagt, wir könnten draußen essen.“
Pluseins, kommt mit Grillanzünder in den Garten: „Ist er schon los? 10 Minuten sollte ich warten.“
Der Liebste muss um neun an die Arbeit, wir anderen sitzen noch eine Stunde länger im Garten, weil wir es können. Keines der Kinder hat mehr Unterricht, diese Woche. Ferienbeginn, quasi.
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Anzahl der Präsenzschultage des Maikinds zwischen Weihnachten und Ostern: Null
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Maikind muss dringend mal was anderes sehen. Ich melde uns zur Karfreitags-Andacht an. Nachmittags um 15 Uhr, auf dem Friedhof zwei Orte weiter. Am Eingang wird unsere Anwesenheit abgehakt, ich bekomme eine Hostie „to go“, jetzt neu, mit Wein gebacken, zwei in eins, ich weiß ja nicht. Die Andacht ist schön gemacht, man wartet dieses Jahr ja wirklich auf Ostern, im übertragenen Sinne. Ich kann trotzdem nicht gut folgen. Auf den Grabsteinen um mich rum suche ich nach bekannten Namen. Wann habe ich eigentlich zuletzt so viele Menschen auf einmal gesehen? Nicht ein einziger trägt Jogginghose. Es raschelt, als alle die Hostie aus der Packung friemeln und sich unter die Masken schieben.
Allmählich habe ich nicht mehr so richtig Lust auf diese normalitätsersetztenden Events, gestehe ich mir auf dem Rückweg ein.
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Am Samstag ist das Frühlingswetter schon wieder vorbei. Wir sitzen in Winterjacken um die Feuerschale und backen Stockbrot.
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Wir sind „die Crew“* (*Werbung, unbezahlt, unbeauftragt, Spiel selbst gekauft) und reisen per Kartenspiel ins Weltall. Man muss eine Mission schaffen, um die nächste spielen zu dürfen, es gewinnenen entweder alle oder keiner. Auf dieser Mission ist jemand ernstlich erkrankt und muss isoliert werden. Der Kommander entscheidet, wer das sein soll. Es darf nur eine Frage gestellt: Wie geht es dir? Die Antwort lautet gut oder schlecht. Mehr darf man nicht sagen. Kommander dieser Mission ist das Julikind. Der Liebste wird gefragt, wie es ihm geht. Naja, also, wenn er da so in seine Karten guckt, dann gehe es ihm so mittelprächtig, tendeziell eher gut, wahrscheinlich, sagt er. Der Kommander weist scharf auf die Kommunikationsregeln hin. Nagut, dann gut, sagt der Liebste. Leider geht es allen anderen auch gut, was wohl heißt, dass der Kommander mal abgesehen von der höchsten Karte nur Schrott auf der Hand hat. Der Liebste wird isoliert und darf damit in dieser Runde keinen einzigen Stich gewinnen. „Das gibt nix“, sagt er, „mit den Karten kann man nicht nicht gewinnen, wir sind verratzt“. Julikind denkt kurz nach und eröffnet das Spiel. Sie spielt die Karten, die sie hat in so geschickter Reihenfolge, dass wir die Mission nach 10 Minuten gewinnen.
Der Liebste und ich müssen ein bisschen schmunzeln. Eine zehnjährige managt eine Quarantänemission mal gerade einfach so.
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25 Eier hat der Osterhase im Garten versteckt. 23 werden gefunden. Die anderen zwei bestimmt auch noch, irgendwann, später im Jahr.
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Ostermontag ist es windig und es schneit. Das perfekte Wetter zum drin bleiben. Kurz entschlossen reissen wir die Tapete beim Maikind im Zimmer ab, in der Hoffnung, dass click und collect im Baumarkt nächste Woche noch möglich ist.
Angenehm ruhige Ostertage waren das.