Eine Teamkameradin ist nach dem Training irgendwie bei uns gestrandet. Sie geht davon aus, das sie zeitnah abgeholt wird.
Ob sie nicht lieber nochmal zu Hause anrufen wolle, erkundigt sich das große Kind. Die Teamkameradin geht davon aus, dass der Oppa gleich kommt. Wenn sie den jetzt anrufen würde, müsste er rechts ran fahren, nach dem Handy suchen, dann das Licht anmachen um den Knopf mit dem Hörer drauf zu finden… der meldet sich, wenn er vor der Haustür steht. Sie legt das Handy auf den Tisch. Ich stelle noch ein Gedeck fürs Abendbrot dazu und wir fangen an.
Es sei doch wirklich seltsam, wo ältere Leute ihre Handys so aufbewahren. Normalerweise hat man das doch in der Hosentasche, oder in der Jacke. Ich gehöre auch zu den älteren Menschen, die das Handy irgendwo in einer Tasche haben, die vermutlich noch im Kofferraum liegt und bin deshalb einfach mal still. Naja, stellen die jungen Leute fest, man müsse halt immer dran denken, dass man das Handy in der Tasche hat. Sonst können fürchterliche Unfälle passieren. „Wie damals, weißte noch?“ Oh ja, daran kann ich mich erinnern. Ein Schrei durchs ganze Haus, ich dachte, das Kind hat ne Leiche gefunden oder so und bin hingerannt. Da lag das Handy im Klo. Drama! Betroffenes Schweigen am ganzen Tisch.
„Aber,“ sagt die Teamkollegin mit getragener Stimme, „weißt du was Glück ist?“ Wir schütteln andächtig mit dem Kopf. „Glück ist, wenn dir das Handy ins Klo fällt, und dir bleibt fast das Herz stehen, dann drehste dich um und siehst, dass es sich so in der Schüssel verkeilt hat, dass es das Wasser nicht berührt.“ Man darf bei soviel Pubertät am Tisch auf keinen Fall an der falschen Stelle lachen. Das hier ist eindeutig ein ernstes Thema. Ich gebe mir ehrlich alle Mühe und trinke schnell einen Schluck, um ein breites Grinsen zu vertuschen. “ Und dann kniest du dich vor die Schüssel,“ sagt die Teamkollegin und es klingt so feierlich, “ greifst ins Klo, und denkst nur DANKE, DANKE, DANKE“. Ich kann nicht mehr, stehe auf und sprinte die drei Schritte bis zum Waschbecken in der Küche. Dort spucke ich so unauffällig wie möglich mein Getränk rein und lache herzlich.
Sie nimmt es mir nicht übel, sie wisse ja selber, dass das ganz witzig sei. Aber erst danach, in dem Moment war sie wirklich sehr froh. Vielleicht merkt man Glück erst, wenn schlimme Sachen nicht passieren.
Und bestimmt ist es auch Glück, bei solchen Gedankensprüngen mit dabei sein zu dürfen, kannste für Geld nicht kaufen.