Fazit der diesjährigen Freiland-Gartensaison: Kaum Freude, kaum Ertrag. Das hat so keinen Zweck. Ich fülle einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Solawi aus und bin ehrlich. Ich will nix machen. Nur zahlen und Gemüse holen. Drei Tage später ein Anruf. Man freut sich voll und ich kann sofort, ab nächster Woche. Juhu! Ernten ohne Gartengedöns, da freu ich mich auch und erzähle es dem Liebsten. Der freut sich auch, das ist toll, da können wir ja dann mal hin und irgendwas im Garten und auf den Feldern, so mit richtigen Gärntern, kann man bestimmt viel lernen. Och nö.
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Die Weihnachtswünsche sind bescheiden aber speziell, dieses Jahr. Da brauch ich in der realen Welt garnicht anfangen zu suchen. Es ergibt sich ein Zeitfenster zum digitalen Einkauf. Ich möchte bitte, einfach das, was ich suche und wäre bereit, zu zahlen, was es kostet. Wohin ich auch komme brüllen mich blinkende Sonderangebote an. Black Friday. So kann ich nicht arbeiten.
Auf dem kurzen Weg vom Haus bis in den Nachbarort fahre ich an drei Star-Shower Installationen, unzähligen beleuchteten Eiszapfengirlanden und Sternen vorbei. Äh, war da nicht was? Sollte das nicht weniger? Es sieht eher nach „jetzt erst recht“ aus. Wobei, keine aufblasbaren Wintergestalten.
Ein gigantischer Plätzchenteller wird mir an der Tür überreicht. Die Besucherin ist auf dem Weg zu einem Termin, reinkommen möchte sie nicht. Einen schönen ersten Advent! Vielen Dank, wir freuen uns. Kurz den Vormittag neu sortieren. Dieser Programmpunkt war als Besuch angekündigt, ich dachte, wir trinken Kaffe, besprechen vielleicht weihnachtliches…
Nachricht eines Kindes: Wichtelgeschenk, für heute Abend, haben wir was oder muss man dafür jetzt extra in die Stadt? Wir haben was. „Wichtelgeschenk heute“ ist fester Bestandteil der Weihnachtsroutine, wirkt aber wie Magie, wenn man es beizeiten vorbereitet.
Alle Jahre wieder, die Adventskranz-Diskusion mit Märzkind. Sie hätte gern einen opulenten Mischgrünkranz mit dicken Kerzen und winterlich verspielter Dekorationen, die fließend in die Tischdeko übergehen. Dieser Tisch ist die Woche über quasi mein Arbeitsplatz. Wir essen hier, ich lege Wäsche, da will ich nicht jedesmal was wegräumen müssen, was dann woanders genauso im Weg ist und alles vollnadelt. Das Advents-Schwein steht nicht zur Debatte. Märzkind guckt gequält. Niemand hat so ein Schwein. Es sieht aus wie ein Holzklotz mit Ohren. Nee, nee, das ist puristisches Design von einem nordischen Markenhersteller, dieses zeitlose Dekorationsobjekt unterliegt der künstlichen Verknappung. Da musste im Oktober schon entscheiden, wenn du eins kaufen willst, wie bei Lego. Ob wir es wenigstens dekorieren können, fragt Märzkind. Sicher, sage ich und schiebe dem Schwein eine Zuckerstange unter die Schleife in der Körpermitte. Märzkind seufzt.
84 kleine Adventlichkeiten festlich verpackt, Nikolausstiefel befüllt, Süßigkeitenpäckchen für kleine Nikoläuse vorbereitet,ein Vormittag im Städtchen zum „nur“ Geschenke kaufen, Lebensmitteleinkauf, Elterntaxifahrten, Weihnachtskarten gebastelt und geschrieben,Plätzchen gebacken. Mich nach Kräften bemüht, meine Grinchigkeit zu verstecken.
Ach, du, übrigens… im vorbeigehen bekomme ich ein sehr nettes Kompliment zum Blog. Es trägt mich durch den Tag. Vielleicht schaffe ich ihn doch, diesen Advent.
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Maikind ist krank. So krank wie, man erinnert sich eigentlich nicht. Bei Corona ging es ihm besser. Eine Woche verbringt er eingemummelt in Wolldecken mit Wärmflasche in seinem Sessel.
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Eine Lehrerin versucht aus der Corona-Isolation heraus Lernlücken zu schließen. Das ehrt sie, funktioniert aber nur mittel. Julikind ist „vonne Psyche her“ am Ende ihrer Leistungsfähigkeit. Ich auch. Lagebesprechung. Julikind entscheidet, die Karten auf den Tisch zu legen, ich schreibe eine mail. Diese Lehrerin liest ihre mails nicht oft, sagt Julikind. Wir werden sehen. Innerhalb weniger Stunden kommt eine Antwort. Das gefühlte Problem existiert nicht, da sie aber jetzt weiß, was los ist, wird sie sich kümmern. Am nächsten Tag kommt Julikind völlig verändert nach Hause. Die Lehrerin war heute richtig nett und es haben sich noch drei Leute gemeldet, die Probleme hatten. Alles wurde besprochen. Das ganze Drama – einfach weg. Ich kann es kaum glauben.
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Gottesdienstbesuch zur Taufkerzenrückgabe am ersten Advent. Die, die da als Taufeltern mit Kleinkindern und Babys sitzen sind alle ungefähr so alt wie ich. Einen Moment lang komme ich mir uralt vor, dann fällt mir wieder ein, wie toll es ist, große Kinder zu haben.
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Der Außendienstler kommt vorbei, er trägt Dienstkleidung aber für einen Kaffee hat er Zeit. Wir haben uns länger nicht gesehen. Gerade gestern haben wir überlegt, ob die eigentlich im Urlaub sind. Das Gegenteil sei der Fall, sagt der Außendiestler. Vormittags ist er eingesprungen, weil sonst alle krank sind, nachmittags hat er Stromgereratoren an Heizungsanlagen angeschlossen. Ich sammele abgekühlte Plätzchen vom Tisch in die Dose und gucke fragend, „Haben alle Schiss wegen Blackout“, sagt er und gestikuliert, die Dose kann stehen bleiben „und eine Heizungsanlage ist hochkomplexes elektrisches Gerät, die ist empfindlich in ihrer Sinuskurve, wenn man da einen kleinen Baumarkt-Stromgenerator anschließt brennts einem ratzfatz die Steuerungseinheit durch, das wird im Nachgang dann teuer, oder vielleicht auch nicht, denn bei der ganzen Aktion wird die Hauselektrik so gestört dass der FI durchgeht und der löst dann natürlich nicht mehr aus, im Fall des Falles … brennt die Bude einfach ab und wenn die Leute schon Idioten sind, kannste davon ausgehen, dass die mehr Diesel lagern als erlaubt ist… mach mal die Dose zu und nimm sie mit“, sagt er. Ich räume das Spritzgebäck weg, der Liebste bringt Kaffee.
Dorfgruppen-Whatsapp: Im Fall eines Stromausfalls hätte das Internet geschlossen, was für die allermeisten heißt, man kann nicht mehr telefonieren. Sollte der Stromausfall länger als eine halbe Stunde andauern, steht die Feuerwehr im Gerätehaus bereit, man muss halt nur persönlich vorbeikommen und sagen, wo Notfall ist, Adressliste der Gerätehäuser und freundliche Grüße von Bürgermeister und Stadtbrandinspektor. Feine Sache. Darum hatte ich mir ehrlich gesagt null Gedanken gemacht.
De Omma könnte übrigens noch telefonieren. Analoger Anschluss und im Keller steht das gute alte Telefon, mit Wählscheibe, weil sie so schnell die Treppe nicht hoch kann.
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Der Weihnachtsstern an der Laterne strahlt in voller Pracht, alle Birnchen funktionieren dieses Jahr. Sie beleuchten die fallenden Schneeflocken vor dem noch dunklen Winterhimmel. Ich werfe einen Packen Weihnachtskarten in den Briefkasten und halte einen Moment inne. Idyllischer geht es kaum. Wenn man die Tatsache außer Acht lässt, dass ich eigentlich nur hier bin, damit der Hund da hinten an die Hecke pinkeln kann. Wetten? Die erste Karte, die wir bekommen ist von jemandem, den ich vergessen habe.