In der halben Stunde, die ich auf das Märzkind warte, gehe ich schnell einkaufen. Die Frau an der Kasse wünscht mir einen schönen Feiertag. Hä? Was denn für ein Feiertag? Erst auf dem Weg zum Auto fällt mir ein, dass ja erster Mai ist, dieses Wochenende.
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Ein Strauss Rosen, ich freue mich. So sehr, das könnte ich fast mal in meinen Status stellen. „Jo, das mach ruhig mal“, sagt der Liebste, „wird jedes Jahr teurer“, murmelt er noch. Ich bekomme nicht alle Rosen auf ein Foto, das Märzkind sieht mich turnen und hilft, sie hat die bessere Kamera. Den ganzen Tag über erhalte ich Glückwünsche und wundere mich, wer alles an uns denkt.

Das Maikind freut sich einen Tag später. Er hatte den Hochzeitstag beiläufig erwähnt und war live dabei, als der Oma klar wurde, dass sie den vergessen hat, zum ersten Mal. „Scheiße“ hat sie gesagt und das tut sie sonst nicht.
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Die Bienenkästen müssen versetzt werden. In einen Kasten hat der Specht über Winter zwei Löcher gepickt. Der Liebste hat schon passende Steine reingequetscht, damit die Bienen während der Fahrt bleiben, wo sie sind. Möglichst ohne Erschütterung tragen wir den Kasten zu zweit ins Auto, schieben ihn vorsichtig in den Kofferraum, setzen uns, schnallen uns an, sagen zeitgleich „woooouuoo“ öffnen die Türen, schnallen uns ab, reissen die Türen auf und springen raus. Hat das jemand gesehen? Zum Glück nicht. Die Zeitung, die das Flugloch verschlossen hat ist beim Schieben ein bisschen verrutscht. Das Bienenvolk ist nach einem Winter mit Specht im wahrsten Sinne angefressen, und empfindlich was Störungen angeht. Der Liebste steckt die Zeitung wieder fest und wir warten noch zwei Minuten, bis die dreißig Bienen, die entwischt waren, aus dem Auto fliegen.
Die Kästen sind zu leicht. Der Frühling hängt zwei Wochen.
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Der Liebste braucht ein Klimmzugband, ob ich denn wohl eins bestellen könnte? Bestimmt. Ich habe keine Ahnung, was ein Klimmzugband ist und google mich so durch, das Internet denkt jetzt, dass ich krassen Kraftsport betreibe. Ich bekomme völlig andere Werbung angezeigt als sonst.
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Man könnte einen Antrag auf Fahrtkostenerstattung stellen, sagt das Maikind, das Formular kann man sich im Sekretariat abholen. Märzkind bringt eins mit, denn diesen Antrag möchte ich tatsächlich stellen.
Man hätte doch sagen können: Danke Eltern, dass ihr euch gekümmert habt, dass die Blagen einen Praktikumsplatz gefunden haben und zwei Wochen lang jeden morgen hin, und nachmittags wieder zurück gekommen sind. Das ist total wichtig für die Berufsorientierung und hat auch kurz davon abgelenkt, dass sie dieses Jahr noch gar nicht in der Schule waren. Natürlich können wir es uns nicht leisten, euren Einsatz ernsthaft zu honorieren, aber gerne würden wir euch symbolisch einen Anteil der tatsächlich enstandenen Kosten ersetzen. Wie viel war es denn und wohin sollen wir es überweisen? Das wäre nett gewesen.
Statt dessen werde ich erstmal darauf hingewiesen, dass Fahrtkosten generell nur bis 30 km erstattet werden. Es sei durchaus zumutbar, die Praktikumszeiten an die Taktung der öffentlichen Verkehrsmittel anzupassen. Es gibt keine öffentlichen Verkehrsmittel (ländlicher Raum) und Bildung von Fahrgemeinschaften war wegen Corona nicht möglich. Das schreibe ich so in die dafür vorgesehenen freien Zeilen neben dem Feld, das man ankreuzt, wenn man mit dem eigenen PKW, nur zu diesem Zweck gefahren ist. Dann muss nur noch der Praktikumsbetrieb mit Unterschrift und Stempel bestätigen, dass das Kind anwesend war, bzw die Anzahl der Fehltage eintragen. Nicht, dass da einer 35 cent zuviel beantragt.
Maikind hat ein dickes Dankeschön vom Praktikumsbetrieb bekommen. Er könnte sich da bewerben, wenn er Ausbildung machen möchte. Große Freude, dafür hat es sich gelohnt.
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Im Modehaus hätte man am Eingang gerne unsere Bescheinigung über einen offiziell durchgeführten negativen Coronatest, nicht älter als 24 Stunden. „Ähm, wir hatten einen Termin vereinbart, telefonisch, Sie hatten gesagt, Sie melden sich, falls sich was ändert, es hat sich niemand gemeldet.“ Der Mitarbeiter ist sehr nett, darf uns aber nicht reinlassen, man sieht, dass es ihm wirklich leid tut, er kann nichts dafür und würde uns gerne bedienen. Wir können auch nichts dafür und würden gerne was kaufen. Der Liebste versucht es mit gesundem Menschenverstand. Er wurde doch getestet, diese Woche, die Kinder auch ( ich noch nie, aber hej, wenn die anderen vier Personen aus meinem Haushalt negativ sind….) Der Verkäufer schaut sich um, ausser uns ist niemand da. Er erklärt sich bereit, Sachen anzureichen, für das Maikind, eine Kabine steht ja quasi im Eingang.
Das Julikind und ich gehen raus, mal schauen, was es im Schaufenster zur Auswahl gibt. Es gibt keine Schaufenster mit Kindersachen. Wir schlendern dort, wo mal eine Fussgängerzone war, rauf und runter und überlegen. Ich könnte das gleiche anziehen wie auf der Konfirmation vom Märzkind. Gut, auf Fotos sähe das komisch aus, aber da war eben Corona, damals, da konnte man nichts kaufen… Ich hab auch so Strickhandschuhe, und einen Parka, zusammen mit einer blauen OP-Maske, könnte ich dasitzen wie Bernie Sanders. Noch ist Zeit, etwas zu bestellen. Oder vielleicht das Beerdigungskleid mit der Bikerjacke? Ach, so viele Möglichkeiten.
Das Julikind braucht Klamotten. Aber wenn sie dafür nochmal extra zum Test muss, dann nicht, das reicht ihr in der Schule. Das verstehe ich. Warum so ein Schul-Corona-Test nicht auch fürs Einkaufen am nachmittag gültig ist? Gute Frage. Eine richtig gute Frage.
Es dauert nicht mal eine halbe Stunde, da kommen uns die Jungs entgegen. Das Maikind ist begeistert, er hat alles, was er sich gedacht hatte. So macht einkaufen Spaß.
Schuhe fehlen.
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So, ab nächster Woche hat der Liebste Wechselschicht und alle drei Kinder Wechselunterricht. Da kann ich mal alle fünf Spalten am Kalender nutzen.