Geburtstage und frühsommerliches

Die neue Spülmaschine hat ihren ersten Spülgang beendet. Die Tür wird von einem weißen Plastikteil einen Spaltbreit offen gehalten, oder geschlossen, je nachdem. Wir schauen uns fragend an, jeder zieht mal vorsichtig an der Tür, man will nicht gleich was kaputt machen. Die Bedienungsanleitung sagt, es handelt sich um einen energiesparenden Trockungsvorgang, man solle kräftig ziehen, wenn das Display anzeigt, das die Zeit abgelaufen ist, na dann. Mit einem mechanischen Geräusch verschwindet das weiße Plastikteil in der Maschine und ich ahne, was an diesem Gerät als allererstes kaputt gehen wird.

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Der Dorftratsch meldet einen Todesfall im erweiterten Familienkreis. Das kann nicht sein, sage ich, es gibt whatsapp Gruppen, das wüsste ich. Es ist aber tatsächlich so und das ist so merkwürdig, dass meine Mutter sich erkundigt, ob meine Schwester und ich uns denn wohl einigen können würden, wenn da mal was kritsches entschieden werden müsste. Ich denke schon, sage ich. Sie verfügt mündlich, dass wir bei Uneinigkeit eine Münze werfen.

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Der Nachbarort möchte ein Ortssippenbuch erstellen. Man sammelt Daten von ortsansässigen Familien. Es ist ein bisschen kompliziert, weil es sich um nicht googlebares Wissen handelt, und sich jeder persönlich schriftlich damit einverstanden erklären, dass die gefundenen Daten veröffentlicht werden dürfen. Auf Schwiegermutters Geburtstagskaffee werden entsprechende Formulare verteilt. Julikind bestaunt gemeinsam mit ihrer Cousine den Stammbaum, den Schwiegermutter in Lockdownzeiten aus den in den Schränken der Oma lagernden Informationen zusammenngestellt hatte. Ein gemeinsamer 8-mal-Ur-Opa hat am 21. Mai 1687 geheiratet. Das ist beeindruckend lange her, solche Daten kennt man sonst eher aus Geschichtsbüchern, dass die mal Wirklichkeit waren, wird ihnen gerade erst klar.

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Die Honigernte läuft total entspannt ab, im Vergleich zum letzten Jahr. Die Bienen wurden vermisst, von Nachbarn, das ist schön und schade gleichzeitig.

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Der lang ersehnte Geburtstag des Maikinds ist endlich da. Leider fällt er auf einen Wochentag, an dem alle erst später kommen, macht aber eigentlich nichts. Wir verabreden uns zum Geburtstagskaffee im kleinsten Kreis. Märzkind ruft an, sie habe natürlich den Anschlussbus verpasst, es müsste bitte jemand. Maikind grinst, „dann fahr ich mal gerade“, sagt er und zieht den Schuh, den er gerade ins Regal stellen wollte direkt wieder an. Die erste Fahrt ganz alleine im Auto – ein Fest.

Zur Geburtstagsfeier am Wochenende hat er die ganze Familie und alle Fahrgemeinschaften eingeladen. Die Planung läuft irgendwie nicht so voll automatisch, wie damals, als wir noch regelmäßig Familienfeiern ausgerichtet haben. Dauernd fragen wir uns wieviel wohl von was wann eingekauft werden muss, um dann wo genau zu lagern?

Der zentrale Sammelplatz für Geschirr, Deko und Sonstiges ist voll, wir brechen auf um schon „mal gerade“ eine Ladung ins Sportlerheim zu fahren, und, welch ein Glück, das es noch so früh ist. Das Sportlerheim sieht nämlich orginal so aus, wie man es sich an einem Samstagmorgen vorstellt, Rasenschnitt und Scherben auf klebrigem Fussboden, Sportzubehör, Aschenbecher…. Zu dritt brauchen wir anderthalb Stunden um das Ambiente soweit herzustellen, dass hier Omas am Tisch sitzen können. Das war so nicht geplant und das Zeitmanagment fühlt sich daraufhin eine ganze Weile so an, als hätte man verschlafen. Mittags kommen die ersten Gäste, Maikind freut sich sehr, alle anderen auch. Wir haben uns auf seiner Konfirmation das letzte Mal gesehen. Abends dann gemütliche Party bei ständig wechselndem Wetter.

Nach-Party-Überlegungen: Erdbeerbowle kam überraschend gut an, das hätte mehr sein können, aber wer ahnt denn sowas. / Wir spielen Kubb seit ungefähr 15 Jahren auf jeder Sommerparty nach den falschen Regeln, es hat wohl einfach nie jemand die Anleitung gelesen. / Bisher galt immer die unausgesprochene Party-AGB wer nicht absagt kommt, das scheint sich irgendwie verändert zu haben. / Niemand hat Fotos gemacht.

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Breakdancer gefahren im Regen und dann eine Weile staunend unter dem größten fahrbaren freefall-Tower Europas gestanden, in dem Julikind mit einer Freundin saß, vorher-nachher Fotos gemacht. Ansonsten faule Pfingsten genossen.

Anfang Mai

Ein Mann mit Kleinkind auf dem Arm steht im Rapsfeld, eine Frau mit Handy in der Hand davor, sie fotografiert offensichtlich, aber wieso? Man wundert sich. Der Liebste hat es auch gesehen. „Ab hier sind es Stadtmenschen“, sagt er.

Hochzeitstagsausflug nach Fulda. Wir finden auf Anhieb ein Restaurant, dass man trotz Nahrungsmittelunverträglichkeit besuchen kann. Es gibt sogar eine Auswahl an Gerichten. Wir werden so freundlich und so schnell bedient, dass es sich anfühlt, als wäre hier Fachpersonal im Einsatz. Wir überlegen, wann wir sowas zuletzt erlebt und wo. Zum Nachtisch eine Kugel Eis. Die kostet hier 1,70 Euro und der Preis ist angemessen, denn es schmeckt richtig gut.

Die Menschen in der Fußgängerzone sehen alle anders aus. Man kann ziemlich lange nur so sitzen und Leute gucken, ohne sich zu langweilen. Da wo wir herkommen hat jedes Lebensjahrzehnt seine Uniform.

Das Kino ist viel größer, was vielleicht der Grund dafür ist, dass der Ton sich so gut anfühlt. Auch die Kinositze sind bequem. In dieser Atmosphäre könnte man komfortabel Filme schauen, die länger als zwei Stunden laufen.

Eine Taube sitzt irgendwo im Innenhof, auf den das Hotelzimmerfenster rausgeht. Aber ansonsten – unmöglich im Halbschlaf am Vogelgesang abzuschätzen, wie spät es ungefähr ist. Und das man dass normalerweise automatisch so macht, ist uns auch gerade eben erst aufgefallen.

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Spülmaschine kaputt. Tja. Abwasch mit Spülbecken und Wasser in der Küche nervt deutlich weniger als Abwasch nebenan. Aber, ach.

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Eine Motorradkolonne, die gesperrte Straße ist scheint also wieder befahrbar. Gesperrt ist sie aber noch, da fragt man sich… Der Liebste fährt eine Hunderunde mit dem Fahrrad. Es fehlen noch Leitplanken, sagt er, als zurück ist. Allerdings nur die ganz weit unten, weiter oben im Hang ist wohl irgendwas mit dem Wasserablauf schief gegangen. Die Fahrbahn ist an einer Stelle unterspült.

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Zwei Tage Sommer. Dann doch wieder kalt. Morgendliche Hunderunde in Winterjacke und, och guck, da sind noch Handschuhe in den Taschen, das ist gut. Aber es ist schon richtig hell, morgens um halb sechs, und die Wiesen verheißen eine erhöhte Allergiebelastung für den Nachmittag.

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Zwanzig Minuten vor Abfahrt treffen wir uns zufällig alle auf dem Flur und fragen uns gegenseitig, was man denn wohl anzieht, zu einem Konfirmations-Kaffeetrinken, wenn man in keinerlei verwandschaftlichen Verhältnis zum Konfirmanden steht. Sauber und gebügelt sollte es sein, da sind wir uns schnell einig, aber ansonsten? In jedem Raum Gemurmel.

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Die Freundin kommt vorbei, nur mal Hallo sagen. Ich freue mich. Als Neuigkeit kann ich erzählen, dass ich gerade gestern den ersten Aperol meines Lebens getrunken habe. Anscheind bin ich jetzt in dem Alter, wo die gesellschaftlichen Konventionen so sind. War ganz gut, so als Gesamterlebnis. Die Freundin ist leicht überrascht, kann aber noch einen drauf setzen. Sie hat nämlich am Wochenende Eierlikör aus einem Waffelbecher getrunken, morgens um halb neun, mit den Sonntagmorgen-Frühschwimmerdamen vom Diemelsee, anlässlich des Muttertages. Wassertemperatur liegt bei 11°C, das sei schon ziemlich frisch, sagt sie, war aber ganz gut, so als Gesamterlebnis.

Eier und Gesang

In der Woche vor Ostern haben drei von fünf Leuten frei. Einkäufe werden erledigt, kleinere Projekte abgeschlossen, der Haushalt auf normal-Zustand gebracht und ausgeschlafen. So. Nach einem durchwachsenen ersten viertel Jahr sind wir jetzt vielleicht auf der Höhe der Zeit angekommen. .

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Ein Gottesdienstbesuch zum Karfreitag mit der ehemaligen Konfirmandin. Kaum zu glauben, dass in drei Wochen schon die nächsten dran sind, sagt sie, ein Jahr hat sich sonst länger angefühlt.

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Acht Leute wollen zum Osterfeuer, drei werden von dort wieder nach Hause fahren. Es wird nur ein Auto gebraucht, irgendwer wird die Strecke bis zum Sportplatz also laufen müssen. Einen Moment lang gucken sich alle gegenseitig fragend an. Der Vorschlag war eigentlich ein Scherz, aber die andern finden den spontan gut und sind so schnell auf dem Weg zum Auto, dass ich garnicht mehr dazu komme, den Kindern bescheid zu geben, naja, werden sie schon merken, sagt die Freundin. Vier Erwachsene fahren einfach so los, ohne Kinder, hihihi.

Die lieben Kleinen kommen etwas später an, als wir (augenrollendes Nicken einfügen) die Stimmung ist aber gut, denn das kulinarische Angebot wurde erweitert. Statt nur Bratwurst im Brötchen gibts jetzt auch Pommes, Currywurst, Mantaplatte und Butterbrezeln. Man plant die Speisenfolge des Abends. Gegen elf sind alle Erwachsenen müde genug für nach Hause. Um halb zwei werde ich halb wach, wegen ungewöhnlicher Geräuschkulisse im Haus: Treppe, Küchentür, Speisenkammertür, Stille, Küchentür in leise, Treppe in noch leiser, Zimmertür normal, dann gegiggel. Julikind hat einen Übernachtungsgast, anscheind waren die Snacks ausgegangen

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Ich hatte gesagt, ich hole sie ab. Wir sind beide auf die Minute pünktlich und wundern uns selber darüber. Vor der Kirche sind auffallend viele Parkplätze frei, so viele, das man sich fragt….? war klar, wir stehen natürlich vor der falschen. Aber, selbst vor der richtigen Kirche gibt es noch freie Parkplätze, als wir dort ankommen. Eine gut gelaunte Dame steigt aus dem Auto neben uns. Sie kennen sich hier garnicht aus und seien uns einfach mal hinterher gefahren, sagt sie, und „Frohe Ostern und ihr linkes Rücklicht funktioniert nicht“. Wir wünschen ebenfalls frohe Ostern und danken für den Hinweis, das Problem ist bekannt, und leider hartnäckig.

Das Kirchenportal ist angelehnt, ab hier wird man automatisch leise, denn drin ist es dunkel. Nach 5 Minuten haben sich die Augen daran gewöhnt und die wenigen Kerzen auf dem Fussboden wirken wie Scheinwerfer, wenn man direkt darauf guckt. Irgendwann beginnt die Kantorei zu singen, ein Gänsehautmoment, alle Jahre wieder.

Gemütliches Osterfrühstück zu Hause, anschließend Eiersuche im Garten. Die Eier wurden gut versteckt, schließlich sind die Blagen schon groß. Wie immer sind zwei Eier unauffindbar. Der Liebste möchte die Suche trotzdem nur ungern beenden, weil er immer derjenige ist, der diese Eier dann später im Jahr findet, und man sich über faule Eier weniger freut. Noch einmal werden die gefundenen Eier gezählt und mööööglicherweise wurden die beiden fehlenden bereits gestern Abend entnommen, als das Körbchen noch in der Speisekammer stand, sagt jemand, wir haben sie also alle.

Am frühen Nachmittag sind wir zum Eierwerfen verabredet. Entgegenkommende Spaziergänger schauen uns verwundert an. Wahrscheinlich ist es eher selten, dass 10 Leute gemeinsam spazieren gehen, überlegen wir. Am Eierwerfplatz ist schnell eine Reihenfolge festgelegt und der erste Werfer beginnt. Neun Leute rufen laut „ooohhhh“, als bei der Landung ein Feuerwerk aus hart gekochtem Ei zu sehen ist. Noch nie sind so viele Eier kaputt gegangen, wie in diesem Jahr, außerdem wurden einige garnicht wieder gefunden. Die Siegereier werden am Ende aufgegessen. Fast ohne Salz, weil es windig war und das hätte man einkalkulieren müssen, beim kippen des Salzstreuers.

Dann Kaffee und Kuchen bei den Eltern.

Dann sitzen am Küchentisch bei Schwiegermutter, bei Wasser und Apfelschorle. Alle sind gut satt.

Abends steht ein Rudel aus Schokoladenhasen auf der Anrichte.

Es war richtig schön, dieses Ostern so mit allem. Alle gesund, keine Baustelle im Haus, fließendes Wasser in dichten Leitungen, kein Lockdown, Wetter jahreszeitlich angemessen, früher war sowas ja ganz normal, heute weiß man es zu schätzen.

Ostermontag ist aber zum Glück ein Sofasitztag. Sozialkontakte-Kater.

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Auf dem Weg vom Esstisch in die Küche kommt man jetzt wieder am Sofa vorbei, begegnet also hin und wieder zufällig, anderen Familienmitgliedern, tauscht Neuigkeit, verteilt gute Ratschläge oder macht im vorübergehen Fratzen. Das hat gefehlt.

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In der Ansprache zur Trauerfeier für die Großtante ist der, ich zitiere „legendäre Heilige Abend“ in ihrem Elternhaus ein großes Thema. Es ist das Haus, in dem wir jetzt wohnen, ich kenne die Geschichten und muss fast Grinsen. Es wurde viel gesungen, das stimmt, wunderschön können die alle singen, zweistimmig mit Melodievariationen und auswendig natürlich. Funfact: Teil der Legende sind etliche Kästen Bier und es wurde nicht, wie der Pfarrer dieser Gemeinde offensichtlich annimmt, „zur Lobpreisung unseres Herrn“ gesungen, sondern schlicht zur Deeskalation. Zwei Schwager sind sich gegenseitig so dermaßen auf den Sack gegangen, dass es jederzeit zu ernsteren Streitigkeiten hätte kommen können. Der hauseigene Opa hatte das im Auge und unter den Schwestern gab es ein Abkommen, dass, wann auch immer der Opa sagt, jetzt wir singen mal ein Lied, sofort alle einstimmen. Hat die Oma erzählt, an Weihnachten.

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Maikind hat die Zwischenprüfung hinter sich, Julikind die Präsentation abgegeben. Man kann sich bei den gemeinsamen Mahlzeiten wieder ganz normal unterhalten. Schön ist das.

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Eigentlich wollte ich nochmal grüne Soße machen, mit übrig gebliebenen Ostereiern, aber, äh, es gibt keine Reste. Mit nachlassender nervlicher Anspannung ist der Apetit wohl wieder zurück. 50 Eier waren das.

Hallo April

Wir haben ein neues Auto. Wenige Wochen nach der Entscheidung, das Alte nochmal durch den TÜV zu bringen, zwei Wochen nach einer entsprechenden Reperatur… klingelte morgens um fünf das Festnetztelefon. Der Liebste hatte einen Wildunfall, garnicht weit von zu Hause. Das kaputte Auto blieb im nächsten Feldweg stehen, er fuhr mit dem anderen an die Arbeit. Ich verbrachte meinen freien Tag mit Resten des Adrenalienspiegels, den ich immer habe, nach solchen Anrufen. Nur das Auto… es war nur das Auto…

In mir unbegreiflicher Geschwindigkeit hat er ein „neues“ gefunden, Probe gefahren, gekauft, zugelassen und das Alte weiterverkauft. Zu einem Preis, der fast so hoch war, wie die letzte Reperatur und die neuen Reifen gekostet haben.

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Bei windigen 5°C steht die Nachbarin im Garten. Das ist schön, ich habe sie lange nicht gesehen, und oh. Anstatt zu grüßen beobachte ich einen Moment die Situation. Vielleicht müsste ich da mal – irgendwas? Nö, eigentlich alles OK. Fröhlich summend arbeitet sie mit der Gartenschere an einem Blumenbeet. Sie trägt einen Bademantel über etwas, dass von hier aus aussieht wie ein Pyjama. Ich bin mir ziemlich sicher, diese Erkenntnis wäre ihr peinlich.

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In einer fünfer Gruppe laufen wir die wegen Bauarbeiten gesperrte Straße ab bis ins Tal und über Wanderwege durch den Wald wieder zurück zum Ort. Eigentlich hatten wir nicht damit gerechnet, viel Müll zu finden, schließlich ist „allmählich Grund drin“, wie man sich alle Jahre wieder zum Start dieses Aktionstages sagt. Als wir am Brunnen ankommen sind wir uns ziemlich sicher, wir werden König, heute: beide Müllsäcke voll, plus ein bröseliger Altreifen. Weit gefehlt. Eine Mutterkollegin zeigt ein frisch in die Gruppe gestelltes Foto rum, die Herren haben tatsächlich einen ganzen Autoanhänger voll gesammelt.

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Eier färben geht total schnell, wenn man es quasi alleine macht. Die Mädels sitzen am Tisch und wir unterhalten uns nett, aber das mit der Farbe und so, dass kann ich ruhig selber, sagen sie. Vielleicht bin ich dann im nächsten Jahr alt genug, fertig gefärbte Eier zu kaufen.

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Eigentlich wollte ich verschiedene Dinge einkaufen, in der echten Welt. Leider gibt es entweder die Läden nicht mehr oder nicht mal annähernd das, was ich gesucht hatte. Nach anderthalb Stunden gebe ich auf und verlasse die Fussgängerzone nur mit zwei Glückwunschkarten. Eine Kugel Eis in der Waffel kostet 1,60 Euro diese Saison, lese ich im Vorbeigehen. Tja, da bin ich dann raus.

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Ähm, ich würde mal davon ausgehen, dass sich die Heimwerker-Baustelle in den kommenden Wochen eher nicht verändern wird? frage ich vorsichtig nach. Damit läge ich richtig, sagt der Liebste. Dann könnten wir ja vielleicht die Möbel wieder so hinstellen, wie es ursprünglich mal war? Sicher. Die Männer legen mal gerade die Verkabelungen passend hin, holen Möbel aus der Garage, Julikind geht auf den Dachboden und holt Sachen, um sie in Regale zu stellen. Ich stehe mittendrin und frage mich, wieso ich diese Frage nicht schon vor Wochen gestellt habe.

Nach monatelangem Suchen, abwägen und diskutieren haben wir dann einfach so ein Sofa gekauft. Maikind und der Liebste holen es noch am gleichen Tag ab. Ein Filmabend auf dem Sofa. Herrlich! Nach 8 Monaten provisorischer Möblierung hat das fast Event-Charakter.

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Auffallend wenig Urlaubs-Status-Meldungen bisher.

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Cannabis-Dünger wird jetzt im Gartencenter verkauft. Nachdenklich stehen wir vorm Regal. Entweder der Hype hat sich gelegt oder es gehört jetzt zum normalen Gartensortiment. Letztes Jahr um diese Zeit musste man das Zeug suchen wie Klopapier im Lockdown.

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Eine Geburtstagskarte, Konfirmationskarten und eine Trauerkarte geschrieben, hintereinander weg, wenn man einmal dran ist.

12+1 Gäste

Brüderchen feiert seinen Geburtstag. Es gibt Kaffee und Kuchen bei den Eltern in der Küche. Eingeladen ist „die Weihnachtsrunde“ und ein guter Freund. Der witzigerweise unabhängig voneinander sowohl mit dem Brüderchen als auch mitm Vatta befreundet war, was erst auffiel, als sie sich zufällig alle in einem Cafe begegnet sind. Man begrüßt sich fröhlich. Wir haben uns schon bei früheren Feiern gesehen, aber so ganz ohne andere Leute rund um einen Tisch da nutzt er doch mal die Gelegenheit, die Verwandschaftsverhältnisse zu ergründen. Märzkind ist doch bestimmt die Tochter von?..“ „nee… die Enkeltochter…“ „ach, dann bist du die Tochter von…?“ „nee, auch die Enkeltochter, denken die Leute aber öfter, wahrscheinlich wegen der Haarfarbe…“ „Aha, ahso, ja“, der Gast schaut in Gesichter und man kann in seinem sehen, wie Informationen verarbeitet werden. Eigentlich ist es ganz einfach und schnell erklärt: Wir sind drei Söhne, fünf Töchter, ein Opa, drei Omas – davon zwei Uromas, sechs Enkel, drei davon auch Urenkel, (zwei Schwiegersöhne, eine Schwiegertochter, zwei Brüder, vier Schwestern ein Onkel und eine Tante, zwei Nichten und ein Neffe, vier Mütter, zwei Väter, ein Schwiegervatta, drei Schwiegermütter). „Nah, vielleicht, für Außenstehende doch ein bisschen kompliziert…“, gibt meine Schwester zu, und für manche ist es ungewohnt, dass vier Generationen so um einen Tisch sitzen. Der Gast wirkt aber nur leicht überfordert, er habe ja vier Schwestern, „war auch nicht immer leicht“. Maikind und Brüderchen nehmen ehrlich Anteil, zwei Schwestern geht gerade so, aber vier…

So lief die Feier im letzten Jahr. In diesem Jahr fand der Geburtstag an einem Wochentag statt, mit weniger Gästen, aber nervlich aufwändiger. Beide Omas haben ihr Zeitgefühl verloren. An ihrem Gesichtsausdruck merkt man ab und an, dass sie sich auch eigentlich nicht sicher sind, wer genau da so am Tisch sitzt. Brüderchen freut sich sehr, dass das geklappt hat. Schön, dass wir alle sind sagt er, und ein Hauch von „wer weiß wie oft man noch so…“ liegt in der Luft.

Mitte März, unsortiert

Bis vor wenigen Wochen sah ich morgens öfter den Nachbarn auf der Bank unter der Linde sitzen. Er hatte ein Sitzkissen dabei und Zeit. Solange bis der hochbetagte Hund, der einen Meter weiter auf der Wiese lag andeutete, dass er den Weg nach Hause jetzt wieder schafft. Dann wurde in aller Ruhe zusammengepackt und der Rückweg angetreten. Ein Spaziergang von 200 Metern etwa, einträchtig nebeneinander, total entspannt. Ich habe den Nachbarn eine Weile nicht gesehen, ohne mir etwas dabei zu denken, es fällt mir erst gerade auf, denn heute ist er wieder da. Er geht sein gewohntes Tempo. Sein neuer Begleiter läuft kläffend um ihn herum, als müsste es viel schneller gehen, der Mann stakt eilig seine Gehhilfen aus der sich windenden Leine und dreht sich einmal um die eigene Achse, kurz sieht es so aus, als würde das Gleichgewicht verlieren, als der kleine Hund mit aller Kraft zieht. Oh hauahaua ha, denke ich vom Fenster aus. Gut, dass de Omma sich nur einen neuen Hahn gekauft hat.

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Einen Moment lang stehen wir vorm Schaltschrank und beobachten das kleine Rädchen. Der Stromzähler dreht sich sehr langsam, aber erkennbar rückwärts. Irgendwann demnächst wird bestimmt ein digitaler Zähler kommen, dann müssen wir den geernteten Strom immer frisch verbrauchen.

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Frühlingsbeginn so ganz ohne Bienen fühlt sich merkwürdig an.

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Ist das ein Rauchmelder? Wir gucken uns fragend an. Nee, ist nur dieser Alarm, wegen Warntag, sagt eine Kollegin, schiebt das Handy zurück in die Tasche und guckt so, dabei… Die Nutzung mobiler Endgeräte aller Art sind eigentlich im ganzen Gebäude verboten, gerade gestern wurden wir darauf hingewiesen. Macht schon Sinn, diese Regel, eigentlich. Nur – Sirenengeheul hört man offensichtlich nicht, über 20 spielende Kinder hinweg. Da müsste sich die Katastrophe dann übers Festnetz melden, oder ans Fenster klopfen, oder so.

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Ohne echtes Interesse gelegentlich die Koalitionsverhandlungen verfolgt und kopfschüttelnd amüsiert dabei.

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Man würde die Kindergeldzahlung aufgrund der Volljährigkeit demnächst einstellen, es sei denn, ich kann belegen, dass es noch zur Schule geht oder eine erste Ausbildung macht, teilt das Amt mit. Ich nutze den aufgedruckten QR-Code um die nötigen Unterlagen einzureichen, und frage mich, ob das wohl wirklich so einfach geht. Wenige Tage später bekomme ich wieder Post, in den Briefkasten neben der Haustür. Mein Kind befinde sich in einer Berufsausbildung. Der Ausbildungsbetrieb möge das fristgerecht bestätigen, sonst wird es kein Kindergeld mehr geben. Das Kind nimmt den Zettel mit in den Betrieb, der Ausbilder unterschreibt und stempelt, ich adressiere einen Umschlag, klebe eine Briefmarke, laufe zum Briefkasten und hoffe, dass die Post das fristgerecht hinbekommt. So fühlt es sich viel normaler an.

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Klausur und Zwischenprüfung wurden geschrieben, das Betriebspraktikum läuft und macht Spaß, die Stimmung im Haus ist nicht mehr zu vergleichen, mit der von letzter Woche. Puh.

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Wir haben wirklich schöne Schüsseln, sagt Märzkind beiläufig, während der Essensvorbereitungen, und eine richtig gute Rezeptesammlung, da kann man sich später mal über ein Erbe freuen. Vermögen wäre natürlich auch toll, aber so was praktisches, als Andenken fürs Leben ist auf jeden Fall viel besser als ein Haufen Klump, wo man sich sofort fragt, wie man es am besten entsorgen kann. Ein ungewöhnliches, aber nettes Kompliment.

Ich könnte ja mal das Fotoalbum holen, sagen die Gäste. Wenige Minuten später schwelgen alle Anwesenden in fröhlicher Nostalgie. „Dann bist jetzt seit 20 Jahren Mama“, sagt meine Mama, ich nicke nur und mache ein so-isses-Brummgeräusch „…und ich Oma“. Auf dem „Kind mit Großeltern-Foto“, dass heute vor genau 19 Jahren gemacht wurde, sind 9 Personen. Heute feiern noch zwei Omas und ein Opa mit.

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Eine Wartezeit im Auto. Mit Tee aus dem Thermobecher einem Buch und einer Wolldecke ist es eigentlich ganz gemütlich. Normalerweise würde ich einkaufen fahren, solange, bin aber schon wieder erkältet, ich würde sowieso die Hälfte vergessen. Es nervt.

Was das Bild schon immer da? Könnte sein, es stand eine Mülltonne davor, oder so.

ein bisschen Frühling

Es kommt selten vor, dass der gleiche Paketbote mehrmals kommt, aber wir erkennen uns wieder, als er mir ein Päckchen durchs Fenster des Lieferwagens anreicht. „Wegen dem Solar neulich“, sagt er… entschuldigt sich mehrfach, hat er selber nicht gesehen. Er erklärt mir, wie er Ladung sichert. Im Moment stellt er mehrmals die Woche Solarpaneele zu, bisher immer alles Ok und ob wir da jetzt was bezahlen müssen??? „Nein, alles gut. Wir haben ein Foto vom Schaden geschickt, die haben nur gesagt, OK, ist kaputt, kommt neu, bitte das alte selber zur Entsorgung bringen“ Es war so einfach, dass man sich fast fragt, ob das vielleicht von vorneherein zur Entsorgung…

Ein gutes Gespräch mit jemand völlig Fremden geführt.

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Julikind bekommt ihre Hausarbeit zurück. Benotet und mit Anmerkungen. Vielen Anmerkungen, in rot. Sie reicht mir den Ordner, kann ich ja mal gucken, wenn ich will. Nach der ersten Seite erhöht sich meine Pulsfrequenz, nach der zweiten würde ich gerne Anmerkungen zu den Anmerkungen reinschreiben, nach der dritten Seite gebe ich auf, sonst muss ich womöglich noch jemanden anrufen, um darauf hinweisen, dass es höflicher ist, einen Satz erst bis zum Ende zu lesen, manchmal erschließt sich Sinn nämlich erst nach einem Komma, und dass der Begriff „ewig“ einen Zeitraum beschreibt, dessen Ende nach menschlichem Ermessen unfassbar weit in der Zukunft liegt, also per Definition ungenau und in Bezug auf PFAS durchaus angemessen ist. Aber – Empörungsfasten. Wir verbuchen es als Lektion in Frustrationstoleranz und Julikind kann sich dann jetzt doch vorstellen, solche Aufgaben zukünftig durch eine KI erledigen zu lassen, wie ich es vorgeschlagen hatte.

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Drei Hühner und der Hahn wurden vom Grundstück genommen. Naja, eigentlich nur zweieinhalb Hühner und der Hahn. Mitten am Tag, die genauen Umstände sind unklar. Ein Trauerfall. De Omma hat schon hunderte von Hühner geschlachtet und gegessen, aber das war was anderes. Diese Hühner sind sowas wie Nachbarn. Für alle die an der Ecke wohnen, denn sie laufen ja tagsüber frei rum.

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Morgens um kurz nach sieben sehe ich auf der langen Geraden kurz vorm Nachbardorf zwei Fahrradfahrer auf Mountainbikes. Sie tragen ganz normale Kleidung und schwere Rücksäcke, das ist ungewöhnlich. Ach guck, die kenne ich doch. Sie müssen etwa zur gleichen Zeit wie der Bus losgefahren sein, es sind ungefähr 15 Kilometer bis zur Schule, bei 2°C, aber heute mittag wirds warm. Bräuchte es ein Bild um zu erklären, wie scheiße die Busverbindungen sind, würde es wohl ungefähr so aussehen.

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Der Liebste und ich sitzen nebeneinander in den Sesseln, beide gerade erst angekommen, aus verschiedenen Richtungen, leicht zerrupft und völlig platt. Zwei Arzttermine waren das heute, einer lange geplant, einer ganz spontan nötig geworden, beide blöd und mit Folgetermin. Zwei Autos sind kaputt, eins nicht eilig aber mit langer to do Liste, eins schafft es wohl noch bis zur Werkstatt, Kollegen krank …, zwei Teenager im Vor-Prüfungsmodus, eigentlich reicht es schon, für diese Woche. Es ist Dienstag 18 Uhr.

Und wie immer- wenn das Chaos groß genug ist, findet sich alles auf wundersame Weise von selber. Jeder tut was er kann und ist großzügig mit den anderen. Das frühlingshafte Wetter hilft sicher auch. Irgendwann ist dann wirklich Wochenende. Zumindest für die, die nicht lernen müssen.

Wäsche draußen aufgehangen, Sonnencreme eingekauft, Tomaten angesät, Burger gegrillt im Garten. Essen lieber drin, denn wenn die Sonne erstmal weg ist merkt man doch, dass letzte Woche noch Winter war.

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Märzkind plant eine Geburtstagsfeier. Zu den Vorbereitungen gehört auch ein „weißte noch, damals“– Moment. Fünf Jahre ist das her. Es waren ganz andere Zeiten, damals.

Praktisch wie ein Apfel

Die Nach-Grippe-Woche ist zäh und lang. Es geht alles wieder, nur halt nicht so gut. Ein Film reicht uns für drei Abende.

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Morgens um halb sechs zeigt das Thermometer -10°C und wird wohl ungefähr recht haben. Es dauert einen Moment, bis ich den Schal so zurecht gezuppelt habe, dass die Luft, die ich einatme einigermaßen warm ist, mir beim ausatmen aber nicht die Brille beschlägt. Aber dann ist es richtig schön. Das Gras am Wegrand glitzert im Licht der Taschenlampe. Obwohl, die Lampe kann ich ausmachen, so hell scheint der Mond, Sterne funkeln, wie in so nem outdoor-Video. Der Hund guckt fragend. Tja, ich hab leider keinen Ball dabei, wer rechnet denn mit sowas, normalerweise ist es zappenduster und nebelverhangen.

Die Wintergummistiefel, die damit beworben wurden, dass sie für Temperaturen bis -10°C geeignet sind, haben Wort gehalten. Wunderbar warme Füsse und sicherer Halt bei winterlichen Bedingungen.

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Der Liebste kommt fröhlich nach Hause. Der neue Werksleiter habe sich gleich zu Beginn entschuldigt. In allen anderen Betrieben sei es längst üblich, damit jede:r alle Informationen aus erster Hand bekommt, was die Anweisung „Betriebsversammlung mit Anwesenheitspflicht für alle“ hierzulande auslöst, sei ihm nicht bewusst gewesen. Jo, wir hatten da tatsächlich verschiedene Szenarien für möglich gehalten, amerikanische Firma, verrückte Zeiten.

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Morgens in dicker Winterjacke Eis vom Auto gekratzt, nachmittags im T-Shirt bis zum Altglascontainer gelaufen, ohne dabei zu frieren. Im Hang blüht ein Krokuss. Das war gestern noch nicht.

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De Omma kocht nicht mehr. Sie hat es selber noch nicht bemerkt. Alle anderen schon, der Alltag wird angepasst.

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Die Schilder, die auf die Straßensperrung hinweisen wurden aufgerüstet. Es gibt jetzt eine Umleitung und angeblich ist hier Sackgasse ohne Wendemöglichkeit, wollen wir doch mal sehen. Die Straßensperre, die ernsthaft absperren würde, ist geöffnet, man kann also. Allerdings wurden schon Leitplanken entfernt und, ganz ehrlich, einseitig abgesackte Fahrbahn ohne Leitplanken vor Steilhang macht dann doch ein mulmiges Gefühl.

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Julikind muss Wahlergebnisse angucken, für PoWi. Leider sehen die ziemlich genau so aus, wie ich dachte. Fritze Merz als Kanzler, das wird bestimmt toll – für heterosexuelle reiche deutsche Männer.

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Vor der Garage liegt ein riesiger Karton, darin ein etwa faustgroßes Loch. Irgendwas muss dagegen geknallt sein, beim Transport, denn in der Garage kann das nicht passiert sein. Der Inhalt ist unbrauchbar. Ich war dabei als es ausgeladen wurde und habe nichts bemerkt, verdammt, wie kann das sein? Im Geiste rekonstruiere ich den Ablauf . Respekt! Der etwa 1,75m große und 70 Kilo schwere Paketlieferant hat das sperrige, schwere Paket so gekonnt getragen, dass ich diese Macke zu keiner Zeit im Sichtfeld hatte, und die anderen drei Pakete in beeindruckend kurzer Zeit davor gestellt. Er hat natürlich auch Trinkgeld bekommen. Naaargh

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„Praktisch wie ein Apfel“ steht auf dem kleinen Aufkleber, der auf meiner Birne pappt. Ich bin verwirrt, was soll das bedeuten. Inwiefern ist ein Apfel praktisch? Ist es ein geheimer Code für irgendwas? Eine Verzehrempfehlung?

Ach komm, geh weg

Morgens ist Julikind leicht verschnupft. Am Nachmittag ist das Kind schon eindeutig krank.

Ein ruhiges Wochenende in beinahe wohnlichem Ambiente. Nur ein paar Pakete Fussboden, Leisten und ein Baustelleneimer stehen neben dem Esstisch, ansonsten sieht es normal aus – gut, die Bruchsteinwand ist immer noch ohne alles, aber da ist längst Gewöhnung eingetreten.

Mehrere Teile Flickwäsche erledigt und mich darüber gefreut, dass ich das Nähzeug aufgeräumt hatte.

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Ich bin erst leicht, dann eindeutig verschnupft, fühle mich aber gut dabei. Das ändert sich im Lauf der Nacht. So krank war ich noch nie. Jedenfalls nicht, solange ich mich erinnern kann. Zwischendurch einzelne Momente, in denen es besser geht, so dermaßen gut, ich könnte mal bis ans Vogelfutterhaus gehen, denke ich. Auf dem Weg nach draußen fällt mir auf, dass ich einen Becher voll Hundefutter in der Hand halte. Ich habe mich überschätzt.

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Der Handwerker kommt „zum Endspurt“, wie er es nennt. Nach zwei Stunden sind alle Leisten angebracht und alltagstauglich befestigt. Die Jungs stellen das Aquarium wieder an seinen ursprünglichen Platz zurück. Ich stehe mehrmals am Tag nachdenklich vor dem Toaster. Gestern stand da noch das Brennholz. Der Liebste dreht sich beim Abendessen routiniert um, hält eine Scheibe Toastbrot vors Aquarium, „ääähhhmja“, sagt er. Alle nicken. Das Haus fühlt sich anders an. Wir hatten dieses Eckregal leer geräumt um unsere Teller reinstellen zu können, die stehen längst wieder in der Küche, aber was genau stand vorher hier drin? Niemand erinnert sich. Erstaunlich, wieviel entbehrlichen Kram man so einlagert.

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Der Liebste teilt das Krankenlager für drei Tage mit mir, dann ist er wieder fit. Fit im Sinne von, er geht Sonntag Nacht zum Superbowl und bleibt bis zum Ende. Julikind kommt quietschfidel vom Tanztraining, als wäre nie was gewesen. Ich halte beim Aufstehen immernoch meinen Kopf mit beiden Händen fest, damit mir nicht davonkullert. Maikind ist ein wenig verschnupft, hustet leicht und ist wenige Stunden danach so richtig krank. Irgendwann ist es schlimm genug für einen Test, mittlerweile haben wir welche vorrätig. Influenza B.

Reicht dann auch eigentlich schon für dies Jahr. Ein großes Dankeschön an alle, die geholfen haben, den Alltag aufrecht zu halten

Was man so macht

Der Virus kommt ungelegen. Drei wichtige Arzttermine liegen in dieser Woche. Solange noch zwei gesund sind, können wir uns durchwurschteln. Bis Donnerstag müssen sie noch kommen, ermuntern sich die Gesunden, danach wäre es egal, nur bis Donnerstag… Der Termin am Mittwoch klappt und es gibt gute Nachrichten. Es ist nicht eine Krankheit sondern drei verschiedene. Keine davon so schlimm, dass die Kosten für Medikamente übernommen werden. Man freut sich entsprechend, was solls. Sie gehen nach nebenan um sich etwas zu kochen, bieten an, etwas mit rüber zu bringen. Nicht nötig.

Mittwochabend haben es dann alle. Der Handwerker, der währenddessen die Küche renoviert hat völlig freie Bahn. Eine Packung Salzstangen, ein halbes Glas Apfelmus und ein paar Löffel Haferflocken, dazu einige Liter Tee – mehr wird nicht verzehrt in drei Tagen.

Arzttermine verschoben – auf Ende April. Dann ist es eben so.

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Am Abend ist der Küchenboden fertig, die Wand auch. Wir hatten Sekt gekauft, um diesen Moment gebührend zu feiern. Man könnte jetzt die Möbel wieder reinstellen, aber ohne dass es jemand laut sagt, ist allen klar. Heute nicht. Statt dessen stehen wir alle andächtig eine Weile im Raum, nicken, laufen ein bisschen hin und her, ein ungewohntes Gefühl, so auf Fussboden. Schön ist das geworden, richtig schön. Es war allerdings auch lange richtig scheiße, vorher.

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Sonntag wieder fit genug für einen kurzen Besuch bei der Omma. Sie freut sich, dass „mal jemand guckt“, wie sie es nennt, bedankt sich für mitgebrachtes Essen. Ich freue mich, dass sie sich freut, aber es ist bemerkenswert ungewöhnlich. Sie verändert sich von Woche zu Woche.

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Eine Wartezeit mit einem Besuch im Baumarkt überbrückt, dort murmelnd vor Wandpaneele gestanden, festgestellt, dass heute nicht der Tag der Entscheidung ist und statt dessen nach Falttüren gefragt. Was man so macht.

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Märzkind schickt Urlaubsbilder, Palmen, strahlender Sonnenschein, lachende Gesichter, so soll das.

Maikind zählt die Tage bis zur Zwischenprüfung, die eigentlich schon Teil der Abschlussprüfung ist.

Ich altere bei sowas.

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Der Januar lag vor uns wie ein Berg. Wir habens geschafft, bis hierher. Die dunkelste Zeit vorbei ist, Restlicht um 17.30 Uhr und ganze Tage ohne Nebel, man hatte beinahe vergessen, wie sich sowas anfühlt… Ganz vorsichtig machen wir erste Pläne für das weitere Jahr, Urlaubstage, Geburtstagsfeiern….

Sonst war nichts. Ist auch mal schön.