Sonnenschein! Herrlich. Ich hatte schon fast vergessen, wie blauer Himmel aussieht.
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Ich warte auf dem Beifahrersitz sitzend vorm TÜV, auf dem Armaturenbrett liegt eine Partytröte bereit. Märzkind klopft ans Fenster, ich soll rüber rutschen. Och nö. Nee, nee sie hat schon bestanden, sagt sie, aber den Fahrerlaubniszettel muss sie auf der Führerscheinstelle abholen. Es ist Freitag Mittag, zwölf Uhr. Dienstag abend erkundigt sich der Opa, wie es denn nun aussieht… ich hab keine aktuellen Informationen, gehe aber mal davon aus, dass sie den Zettel heute geholt hat…Märzkind kommt rein, ich übergebe das Telefon… „Jo, Opa, voll die scheiße ist das…“ Man braucht einen Termin. Wenn man die zur Terminvereinbarung angegebene Nummer anruft, landet man in einer Warteschleife, die länger dauert, als man sich im Schulalltag Zeit nehmen kann. Schrödingers Führerschein. Der Opa kümmert sich um einen Termin, ich fahre Freitag morgen extra ins Städtchen, folge dem fetten Schild, auf dem Führerscheinstelle steht, lese das kleine Schild an der verschlossenen Tür, auf dem „hier kein Eingang bitte Haupteingang nutzen“, gehe passiv aggressiv direkt über die Wiese, werde am Empfang, nennen wir es mal unhöflich begrüßt, und bekomme von dem anscheind zuständigen Mitarbeiter, der gerade durchs Foyer läuft und meinen Namen gehört hat den Zettel ausgehändigt. Die Tröte kam nicht zum Einsatz.
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Der Mitarbeiter, der mir den Zettel gegeben hat war auffallend freundlich. Zuvorkommend, könnte man fast sagen. Im rausgehen habe ich mitbekommen, wie er die zwei (dunkelhäutigen) wartenden jungen Männer angesprochen hat. Ich gehe mal davon aus, dass es da irgendeine Vorgeschichte gab. Das Freundlichkeitsgefälle war nämlich dermaßen krass, es könnte Rassismus gewesen sein. Auf jeden Fall war es unangemessen und ich hab mich im Namen des Landkreises geschämt.
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Als Wahlpflichtfächer hatte sie Kunst und Glück. Wie schön. Drei rührselige Sekunden gönne ich mir. Es ist das letzte Zeugnis, dass eine Muttiunterschrift braucht.
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Man darf wieder ohne Maske Bus fahren. Wer hätte gedacht, dass das mal nur eine Randnotiz im Alltag wird.
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Man hat bemerkt, dass mein Kind demnächst volljährig wird und würde deswegen gerne kein Kindergeld mehr zahlen. Es sei denn, das betreffende Kind besucht noch eine Schule oder macht eine Ausbildung. Dann müsste ich bitte diesen Antrag einreichen. Gerne. Äh? Die digitalisierte Form dieses Formulars besteht darin, dass ich es online ausfülle, ausdrucke, unterschreibe, und per Post schicke? Witzig. Ich fülle also die Papiere aus, die mir zugeschickt wurden. Habe ich für dieses Kind schon mal Kindergeld bekommen und wenn ja von wo? Ja, von euch ihr Heiopeis. Die Kindergeldnummer ist auf der Vorderseite des Formulars eingedruckt. Bürokratie bringt mich an nervliche Grenzen, diese Woche.
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Die Teilzeitnachbarin muss wieder nach Hause. Abflug in Frankfurt um 12.30 Uhr, damit sie sicher früh genug da ist muss sie um 6.05 Uhr am Zug sein. Ihre Mama soll im Dunkeln lieber kein Auto mehr fahren. Dass es hier morgens um halb sechs dunkel ist, hatte sie nicht bedacht, bei der Buchung, aber kein Problem, sie nimmt ein AS-Taxi, dachte sie. Zum Glück hat ihr die andere Nachbarin erzählt, dass man das im Voraus buchen muss. Vor sechs Uhr fährt nix, hat man ihr dann am Telefon gesagt. Tja, das war überraschend blöd, aber, weil die Situation nun mal ist wie sie ist, zahlt sie für die Reise was es kostet, in Australien sind gerade Sommerferien und Hauptsaison… nun hatte sie gedacht, wenn man bereit ist, für eine 15 km Fahrt über 40 Euro zu zahlen, darf man sich die Abfahrtszeit wünschen. Dem ist nicht so. Die Dame in der Taxizentrale hat gesagt, Freitag morgen kann sie eine Fahrt ins Städtchen um 5 Uhr anbieten, die kann sie nehmen oder nicht. Sie wird also eine dreiviertel Stunde Aufenthalt haben, am Bahnhof, das nächste mal fliegt sie wieder über Dubai, das ist einfacher, aber, was sie eigentlich sagen wollte, das Taxi wird vor unserem Haus halten. Ihr Haus ist von der Straße aus nicht zu sehen und sie wollte lieber nichts riskieren, nur dass wir bescheid wissen und uns nicht wundern. Überhaupt kein Problem. Morgens um fünf wundert mich nichts. Ein bisschen witzig ist es aber. Die Frau fliegt zweimal im Jahr um die halbe Welt, und das Abenteuer steckt in den paar Kilometern von hier bis ins Städtchen.
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De Omma sieht blass aus und ist insgesamt ein bisschen wackelig. Brombeergelee hat sie gekocht, heute, 24 Gläser von 6 Packungen Zucker, erfahre ich. Sie deutet auf den Küchenschrank. Tatsächlich. Da stehen die Gläser. Die Küche ist pikkobello aufgeräumt, nur der Entsafter steht noch auf dem Ofen. „Alles heute?“, ich bin beeindruckt, aber „wieso teilst du dir das denn nicht ein bisschen auf?“, frage ich, „heute zwei Ladungen, morgen zwei…?“ Die Oma guckt verwundert. Diese Möglichkeit ist ihr anscheind gar nicht eingefallen. Nee, nee, das habe sie sich vorgenommen und geschafft, sagt sie und ist ein bisschen stolz. Vorhin hat sie die Hühner reingelassen und auf dem Weg zurück zum Haus, da habe sie ganz kurz mal gedacht, vielleicht sei es doch ein bisschen zu viel gewesen, „aber jetzt geht es schon wieder“, sagt sie und beißt fröhlich in ihr Schinkenbrot.
Es war nicht vielleicht ein bisschen zu viel, sondern definitiv ziemlich. Am nächsten Morgen sind de Eltern leicht verhuscht. De Omma hatte morgens um vier angerufen, weil sie sich in einer Situation befand. Zum Glück nicht so schlimm wie befürchtet, aber aufregend war es doch. Ausnahmsweise wird sie heute nicht selber kochen, und, wenn wir ehrlich sind, den Rest der Woche wohl auch eher nicht. Mittagessen im Stile der frühen 60er Jahre, morgens um viertel nach elf – sowas kann von uns gar keiner. De Mudda improvisiert für heute und bestellt für die nächsten Tage Mittagessen im Nachbarort, ohne groß zu fragen. Wenn man den Namen des Nachbarorts so betont, dann meint man das dortige Seniorenheim. De Omma macht damit offiziell nicht mehr alles selber. Selbstverständlich nur diese Woche, sagt sie.
Chronisch krank sein ab mitte dreißig bietet einem die Chance, das „in Würde altern“ zu üben, stelle ich fest. Ich koche nie 6 Packungen Gelee an einem Tag.
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Die Honigkundin, der er einmal im Jahr einen Karton in den Keller trägt, hat jetzt einen Treppenlift, erzählt der Liebste. Total praktisch, das Ding. Einer beläd die Kiste im Keller mit Holz oder Eingewecktem, die andere nimmt es oben in Empfang. Niemand muss mehr irgendwas die hoch oder runter Treppe tragen. So machen wir das auch mal, später.
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Die Fenster, die in KW 45 eingebaut hätten werden sollen sind beim Schreiner angekommen. Sobald es 10°Grad hat werden die eingebaut. Juhu!
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Sonst war nix.