Wir verlassen die angenehm temperierte Kirche in Richtung Friedhof. Draußen ist es heiß und hell und man hat irgendwie das Bedürfnis, sich mal zu schütteln. „Also, der Nachruf des Sportvereins war sehr schön“, raunt man sich zu, am Friedhofszaun. „Sollte ich versterben, während der örtliche Pfarrer Urlaub hat, lagert mich bitte ein“ , flüstere ich Märzkind zu „kein Ding“, sagt sie halblaut. Ein nebenstehender Verwandter hat uns wohl gehört und erkundigt sich ganz vorsichtig, ob uns denn diese Ansprache auch irgendwie – speziell – vorgekommen sei. Speziell? Die war schauerlich. Er wirkt erleichtert.
Wir gehen weiter und treffen den, den ich in letzter Zeit öfter auf Beerdigungen treffe, nur auf Beerdigungen. Den Liebsten hat er schon länger nicht gesehen, man begrüßt sich herzlich, „wie geht`s euch denn? alles gut?“ die Frage ist ehrlich gemeint und erfordert keinen small talk, „nnnnaaaarrrghhh“, macht der Liebste, untermalt von einer abwinkenden Geste. „wieso, was passiert?“, fragt der Bekannte besorgt. „naaa-ahhhnee“ sagt der Liebste. „Wasserschaden gehabt diese Woche“, erkläre ich, „mittlerweile haben wir wieder Wasser, und das Chaos einigermaßen im Griff, also, im direkten Vergleich zu dem, was andere diese Woche zu stemmen hatten“ sage ich und mache eine Geste Richtung Friedhof und Trauergesellschaft „haben wir kein Problem“. „…trotzdem blöd, im Urlaub“, sagt der Liebste. „Da haste recht“, sagt der Bekannte, „die meisten Leute wollen es immer schön haben. Im Urlaub dann nochmal ganz besonders. Ich bin da gerade an so einem Punkt – ich brauche garnicht besonders schön, wenn mir dafür das besonders blöde auch vom Leib bleibt. Normal finde ich gut.“ „Normal find ich auch schön“, sage ich, „wenn da einfach Wasser aus der Leitung kommt, zum Beispiel, das weißte nach zwei Tagen ohne ganz anders zu schätzen“, „… und so ein Küchenabbau ist gewissermaßen auch eine Familienaktivität“, ergänzt der Liebste, „beim Laminat raustragen kann sich jeder einbringen, haben ja alle Urlaub“. Wir lachen, so man eben lacht, am Rande von Beerdigungen. „Naja, Wasserschaden ist immer scheiße“, sagt der Bekannte in tröstendem Tonfall.
Ich sehe die Omma alleine in der Menschenmenge stehen. Eigentlich hatte ich gedacht, der Sohn, der nicht der Vatta ist würde sie mitnehmen, aber nun denn. Ich hake mich bei ihr unter. Sie begrüßt mich herzlich und erzählt, dass ihre Hände irgendwie so kribbeln als würde sie da vielleicht einen Krampf oder so, aber das kann ja nicht sein? Ob sie denn heute schon was getrunken hat, frage ich, betont beiläufig. Selbstverständlich. Sie hatte eine Tasse Kaffee heute Morgen. „Weißte was“, sage ich, „wir gehen jetzt einfach schon mal schon mal vor, zum Kaffee trinken“. „Das ist eine gute Idee“, sagt sie. Drei Meter weiter wird sie von freundlichen Menschen namentlich angesprochen und schaut mich fragend an. Ich kann leider nicht helfen, wir kennen uns nicht. Das stimmt, man erläutert das Bekanntheitsverhältnis, die Omma freut sich sehr. „und das ist ihre Tochter?“ fragen die Leute. „Ja genau“ sagt die Omma. „ähm, ich will ja nicht pingeling sein“, sage ich und stupse Omma sanft gegen die Seite, “ aber – du hast gar keine Tochter“. „Äh ja, nee“, sagt sie und muss selber lachen, „Enkeltochter?“ schlägt ihre Bekannte vor „sicher, die Enkelin isses“.
Normal halt.