Pommes, Erdbeeren und Zecken

Es war aufgeräumt hier drin, das ist noch garnicht lange her. Tja. Ich räume einen Meter Platz frei, schichte kleine Stapel aus Kartons rund herum und hole einfach alles, was man zum Honig-Etiketten kleben braucht nach unten in den Keller. Das Wetter ist sowieso grau in grau, da kann man gut mal eine Weile neben dem Weck-Regal sitzen. Vorm Fenster sanfte Regengeräusche und dazu einen podcast über die Sprengung von nordstream zwei. Sehr stimmiges Ambiente.

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Ich hatte garnicht auf Thermometer geguckt, und mich gewohnheitsmäßig für Hunderunde bei 7°C angezogen. Schon auf dem Weg in den Wald kommt es mir ungewohnt warm vor, im Tal aber doch nicht. Als wir den Berg wieder hoch laufen ziehe ich die Jacke aus, kremple die Ärmel hoch. Der Hund geht direkt neben mir, hechelt, trinkt zu Hause einen halben Napf auf ex und legt sich danach auf die kühlen Fliesen. 14°C zeigt das Thermometer an, doppelt soviel wie gestern. Sind wir nicht mehr gewohnt, so eine Hitze.

Da krabbeln Zecken auf dem Hund. Mehrere. Viele. Bei 25 höre ich auf zu zählen, den Rest des Tages spüre ich Phantom-Zecken am Oberarm und an den Knöcheln, deshalb gehen wir am nächsten Tag lieber im Feld spazieren. Dort legt der Hund sich in eine schöne tiefe Pfütze, direkt neben einer frisch gegüllten Wiese. Irgendwas ist immer.

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„Ich wollte mal fragen…. eigentlich darf man das ja nicht sagen, aber, du wirst es wahrscheinlich eh nicht glauben…“ „Doch. Glaube ich, sofort. Ich hab auch mal in so einem Laden gearbeitet.“ Ein Gespräch unter Lebensmittelhandwerkern am Rande eines public-viewing-events. Leicht codiert, weil Leute drum herumstehen. Da kann ich einen Rat geben und es ist leider genau das, was der junge Mensch in Ausbildung sich schon selber überlegt hatte. Wir schweigen einen Moment. Der Liebste kommt dazu, fragt, ob wir denn vor Beginn der Veranstaltung noch irgendwas essen wollen. „Wenn ich dir auch einen Rat geben darf“, sagt der Azubi, „nimm Pommes. Die Brötchen sind von uns.“

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Das Brauchtumsfest neulich hatte so dermaßen gute Pommes, daran müssen sich dies Jahr sämtliche Veranstaltungen messen. Die public viewing Pommes waren gut essbar und die Schale für den Preis angemessen gefüllt, da hatten wir echt schon schlechtere für mehr Geld. Jemand eine zweite Portion? Nee, danke

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Da kommt fast überraschend doch ein bisschen Fussball-Stimmung auf.

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Gestern Abend wurde auf eine Vorwarnung für Unwetter hingewiesen. Ernsthaft. Ich gucke also morgens kurz in die Nachrichten. Jo, da kommt was, wahrscheinlich ab Mittag, nicht überall aber, man möge die Entwicklung im Blick behalten und sich vorbereiten auf Starkregen, Hagelkorngrößen zwischen 3 und 5 cm, Orkanböen und stellenweise Tornadobildung. Na dann. Ich klappe die Wäschespinne ein und lege sie unters Dach, schließe die Türen vom Gewächshaus, rolle den Grill in den Schuppen und baue die kleinen Starkregenschutzmauern vor den Kellerfenstern auf. Unwetterroutinen. Nachmittags regnet es heftig. Mehr nicht.

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Sonntag nachmittag bei der Omma in der Küche. Sie hat sich gerade einen Kaffee gekocht und ist dabei ein Stück Kuchen auszupacken, dass der Vatta ihr mitgebracht hat und bietet mir die Hälfte an, aber ich komme gerade vom essen, wir essen ja immer später Mittag… (als elf Uhr) Was das denn für Kuchen sei, erkundige ich mich, denn man kann es nicht richtig erkennen. De Omma guckt nachdenklich, nimmt noch eine Gabel voll, kaut und überlegt. Rhabarber? frage ich. „Nee, eigentlich, Rhabarber? Vielleicht nicht“, sagt sie. Ich gucke fragend, sie friemelt aus der Pudding-Creme-Schicht ein Stück Obst raus und hält es mir hin. Ich nehme es – und kann tatsächlich auch nicht sagen, was das ist. Eine Rosine? Die oberste Schicht dieses Kuchens scheint Baiser zu sein. Nehmen wir also an, es wären Stachelbeeren. Allmählich verschiebt sich die Grenze des Kuchenangebots von teuer Richtung dreist, scheint mir.

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Wir hatten das Gemüse-Abo nicht verlängert und sind seit vier Wochen ohne. Frage: Fehlt es uns? Nein. Tatsächlich garnicht. Die Solawi hat im Laufe des letzten Jahres das Gemüseangebot so zusammengeschrumpft, das ist jetzt Ablasshandel für Öko-Boomer.

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Es dauert nur eine halbe Stunde die drei kleinen Eimer voll zu pflücken. Die Erdbeeren sind riesig, dieses Jahr und man braucht nicht weit laufen, auf dem Feld. Ich koche einen Jahresvorrat an Marmelade und Sirup, dachte ich. Die Familie fragt nach, wie viele Gläser das denn jetzt genau gegeben hat? Zu wenige, da sind sie sich einig, nicht das die uns wieder ausgeht, die großen Kinder werden nach Feierabend nochmal aufs Feld fahren, der Liebste übernimmt alles andere, sagt er, nur, kochen müsste ich die Marmelade halt. Anscheind hatten sie Mangelerscheinungen. Fürs Protokoll: 10kg kosten 40 Euro, dies Jahr

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Ein bisschen wehmütig schaue ich abends bei der letzten Hunderunde in den Hang an der Straße. Es wurden Bäume markiert. Die kommen alle weg. Um die große Fledermaus-Buche tut es mir wirklich leid, andererseits hab ich hier abends schon öfter armdicke Äste von der Straße gezogen, die möchte man wirklich nicht aufs Auto bekommen, auf den Kopf noch weniger. Straßensperrung dann diese Woche an drei Tagen, jeweils ab 7.30 Uhr. Der Schulbus der um 7.35 Uhr an der Bushaltestelle gehalten hätte, kann diese deswegen nicht anfahren, man möge die auf dem Berg am anderen Ende des Ortes benutzen. Da läuft man doch bestimmt zwanzig Minuten? Julikind is not amused. Vielleicht bilden wir Fahrgemeinschaften. Zur Bushaltestelle. Obwohl wir nur 50 Meter von einer weg wohnen. Wegen fünf Minuten. Nicht. Witzig.

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Ein Baby-Feuersalamander, wie süüüß, ich hatte noch nie einen gesehen.

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