Ein Weihnachtsgeschenk steht noch auf dem Schrank. Ironischerweise war es das erste, dass ich eingepackt hatte. Dann eine whatsapp aus dem Haushalt, in den dieses Geschenk gehört. Man habe uns nicht vergessen, es gab Ereignisse. Kein Problem, um ehrlich zu sein, ist es gerade eben erst aufgefallen. Wir finden eine Gelegenheit, umstandslos am Küchentisch zu sitzen „…weißte, wir sind da jetzt an so einem Punkt angekommen, wo man sagt, egal, was dieses Jahr bringt, lass es einfach kommen“, sagt der Hausherr. Das Datum ist noch nicht mal zweistellig.
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Das erste E-Rezept abgeholt und eingelöst. Einfach so.
An der Eingangstür der Apotheke hängt ein Ausdruck, darauf stehen die diensthabenden Notfallapotheken für die nächsten Tage. Die Dame vor mir wundert sich, es ist doch gar kein Wochenende? Das stimme schon, sagt die Apothekerin, aber, durch die neue Gebietsaufteilung könnte es passieren, dass man außerhalb der normalen Öffnungszeiten jetzt bis ins nächste Städtchen fahren muss „…wenn man denn ein Auto ein hat…“ murmelt die Dame während sie ihren Rollator routiniert wendet und so parkt, dass sie ihre Einkäufe im Sitzen erledigen kann „…ansonsten – wird man eben von selber gesund…“, sagt sie, in diesem wottsefack-Tonfall der Ü70-jährigen. „Tja“ sagen wir alle. Im Kopf gehe ich die Hausapotheke durch. 80 Minuten Autofahrt wären das, von uns aus, hin und her, im blödesten Fall. Obwohl, man könnte ja auch über die Grenze, vielleicht mal googlen, wie NRW das mit den Notdiensten macht .
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Der Versuch, die Zahnarztpraxis zu wechseln ist gescheitert. Es ist jetzt einfach wie es ist.
In der Praxis, die zuletzt so zermürbend organisiert war von heute auf morgen einen Termin bekommen, der zum vereinbarten Zeitpunkt stattfand und ein Ergebnis erbracht hat, ein erfreuliches noch dazu. Magie.
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Maikind zum Führerschein angemeldet. Der Plan war, diese Ausnahmeregelung zu beantragen, nach der 17-jährige mit Führerschein ihren Arbeitsweg allein fahren dürfen. In anderen Bundesländern kann man das bei den Fahrschulen direkt, in Hessen nicht. Hier gibt es diese Ausnahmeregelung nur für Vollwaisen, die eine „kleine MPU“ bestehen. Fragt man sich, ob das witzig ist.
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Morgens um acht noch -10°C. Ich trage Bettdecken und Kissen und vor die Tür, Märzkind hilft mir mit den Matratzen. Man kann nur hoffen, dass uns niemand sieht. Zwei Stunden später hole ich Matratzen alleine wieder rein, denn jetzt geht es viel leichter, wie bei minecraft. Alle Milben tot. Premium Schlafqualität.
-10°C ist kalt. Punkt. Die Abläufe ähneln aber denen bei Wetter über 30°C. Man dichtet das Haus ab, guckt mal, was eigentlich so im Auto rumliegt, füttert Vögel, redet über Wetter und Kleidung und ist abends irgendwie kaputt.
Der Hund kommt aus dem Bach, geht bis an die Stelle, an der sich sonst trocken schüttelt, schüttelt sich, geht zwei Schritte, schüttelt sich, schüttelt sich nochmal und guckt mich vorwurfsvoll an. „ich hatte gesagt, ist vielleicht keine gute Idee, bei dem Wetter“

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Die Busverbindung entfällt – Ferienfahrplan nennen sie das. Eine Muttitaxifahrt also. Die Lokführer streiken und die Straßen sind voller Traktoren, weil die Landwirte demonstrieren. Ob wir bitte auf sie warten könnten, erkundigt sich Märzkind. Sicher. Außerplanmäßiger Aufenthalt auf einem Reweparkplatz. Niemand hat zu Mittag gegessen. Folgekosten.
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Julikind hat als einzige noch Ferien. Am Liebsten würde sie nach Südkorea. Ich kann eine Fahrt ins Nachbarstädtchen anbieten, dort gibt es einen neuen Asia-Laden. Der ist winzig, aber es lohnt sich. Wenn man eine Verpackung hoch hält und fragend guckt, kommt die Verkäuferin und erklärt freundlich wie man das in Kombination mit was am Besten zubereitet. „Reis haben wir auch in große Tüte“, sagt sie, und deutet auf eine Sackkarre neben ihrem Tresen. „danke, ich nehm erstmal eine kleine“, sage ich und ziehe einen 5 kg Beutel aus dem Regal.
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Nach mehreren Stunden denken und wurschteln ein Computerproblem anscheind durch Löschen des Browsercaches gelöst. Damit dann beim nächsten mal anfangen.
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Auf einer Familienfeier frage ich die neben mir sitzende Großtante, ob sie sich schon ein bisschen eingelebt hat, in der neuen Wohnung. Hat sie. Es war eine gute Entscheidung zur richtigen Zeit. Das freut mich. Da hat sie aber ihren Hausstand auch ziemlich verkleinern müssen in den letzen Wochen? „Oooohhh, das glaubt man garnicht…“, sagt sie. Kistenweise habe sie Zeug in den Werkhof gefahren. „Vasen. Ich hatte Vasen. Für jede Art von Blumenstrauß und welche, weißte, nur so für zwei drei Blümsken aufn Tisch… Vasen…“, sie schüttelt mit dem Kopf “ und da haben die sich so drüber gefreut, in dem Laden, alles direkt ins Regal“. Ich nicke und grinse. „kannste glauben, ich bin in genau dem Laden letzte Woche gewesen und hab solche Vasen gekauft – Tischdeko, Konfirmation“. „Is nich wahr…“, sie stupst mich in die Seite und lacht herzlich.
Dann wird der Ton etwas ernster. „Hömma – wegen Weihnachten, ne? Das war nicht meine Schuld.“ „Hä? Nee, natürlich nicht, im Gegenteil, du warst eigentlich die Lösung. Wir hatten uns Sorgen gemacht.“ Wir erzählen uns gegenseitig die Weihnachtsgeschichte – und reden dabei in aller Selbstverständlichkeit über die Oma während sie genau neben uns sitzt. Es fällt mir erst später auf. Ein Meilenstein, irgendwie.
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Ich wollte nicht unhöflich sein und ich hatte wirklich Hunger. Im Familienchat erkundige ich mich nach dem Gesundheitszustand der anderen. Es geht allen gut, man hatte Apfelkuchen. Die Anteilnahme an meinem Zustand ist nur fast herzlich. Sahnetorte, an einem Dienstag, da muss man seine Grezen kennen. Gäbe es ein Edersee-Gastronomie-Erlebnis-Bingo, könnte ich jetzt schon ein Feld markieren.